Nach einer Serie mutmaßlich russischer Cyberangriffe hat US-Vizepräsident Joe Biden Russlands Staatschef Wladimir Putin spürbare Konsequenzen angedroht. Biden sagte in einem Interview, Putin werde eine entsprechende "Botschaft" erhalten. Putin warf daraufhin den USA vor, mit Hilfe der Anschuldigungen von aktuellen innenpolitischen Problemen abzulenken.
Die Enthüllungsplattform WikiLeaks veröffentlichte am Samstag drei Reden von Hillary Clinton, die sie auf Einladung der Investmentbank Goldman Sachs vor ihrer Bewerbung um die Präsidentschaftskandidatur hielt.
Biden: "Wir senden eine Botschaft"
Auf die Frage, warum die US-Regierung bisher nicht auf Russlands mutmaßliche Einmischung in den US-Wahlkampf durch Hackerangriffe reagiert habe, sagte Biden dem Fernsehsender NBC: "Wir senden eine Botschaft." Die USA hätten dazu die Fähigkeit und würden es tun. Putin werde "es wissen, und es wird zu einer von uns gewählten Zeit sein und unter Umständen, die die größte Auswirkung haben".
Auf die Nachfrage, ob auch die Öffentlichkeit dies mitbekommen werde, sagte Biden: "Ich hoffe nicht." Laut NBC plant der US-Geheimdienst CIA als Vergeltungsmaßnahme eine Cyberattacke, die "die Kreml-Führung beunruhigen und blamieren" werde.
Putin sieht in den USA "zahlreiche Probleme"
Putin sagte am Rande eines Gipfeltreffens der fünf wichtigsten Schwellenländer im indischen Goa, es gebe in den USA "zahlreiche Probleme". Vor diesem Hintergrund werde "auf bewährte Methoden" zurückgegriffen, um die Wähler abzulenken. "Man muss zum Beispiel einen Feind schaffen und das Land gegenüber diesem Feind vereinen", sagte Putin.
Es sei "schade, dass die russisch-amerikanischen Beziehungen aufgrund der innenpolitischen Probleme geopfert werden", ergänzte er. Er hoffe auf eine Wiederherstellung der bilateralen Beziehungen, "wenn diese Debatten und diese schwierige Phase in der US-Innenpolitik vorbei sind".
Russland will Gegenmaßnahmen ergreifen
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow hatte die Drohungen zuvor als "beispiellos" bezeichnet, da sie auf der Ebene eines US-Vizepräsidenten geäußert würden. Er fügte hinzu: "Vor dem Hintergrund dieses aggressiven, unvorhersehbaren Kurses müssen wir Maßnahmen zum Schutz unserer Interessen und zur Minimierung von Risiken ergreifen."
Die Enthüllungsplattform Wikileaks hatte vor einer Woche begonnen, tausende E-Mails vom persönlichen Konto von Clintons Wahlkampfmanager John Podesta zu veröffentlichen. Hinter dem Hacker-Angriff vermuten die US-Behörden Russland.
Die von Wikileaks veröffentlichten Reden Clintons bei Goldman Sachs stehen nicht in klarem Widerspruch zu ihren Wahlkampfäußerungen. Allerdings äußerte sie sich damals freimütiger über Themen wie die Finanzmarktregulierung.
In einer Rede vom Oktober 2013 verteidigte Clinton die Politik demnach dafür, dass sie gegen missbräuchliche Praktiken der Finanzmärkte vorgeht. "Aus politischen Gründen kann man, wenn man ein Kongressmitglied ist und die Leute im Wahlkreis ihre Jobs verlieren und Unternehmen dicht machen und alle in der Presse sagen, dass die Wall Street schuld ist, nicht untätig rumsitzen und nichts tun", sagte Clinton den Unterlagen zufolge.
Reden bei Goldman-Sachs dürften echt sein
Clintons Wahlkampfteam bestritt die Echtheit der Redemanuskripte nicht. Es macht ebenfalls Moskau für die Cyberattacken verantwortlich und wirft ihm vor, sich in den US-Wahlkampf zugunsten von Clintons republikanischem Rivalen Donald Trump einzumischen.
Der ehemalige CIA-Chef Michael Hayden sagte der "Welt am Sonntag", er halte es für überzogen, wenn jetzt behauptet werde, "die Russen versuchten, Donald Trump zum Präsidenten wählen zu lassen". Aber Putin habe offensichtlich "Spaß daran, uns das Leben schwer zu machen".
Clinton hielt die Reden bei Goldman Sachs, nachdem sie als Außenministerin aus dem Amt geschieden war und bevor sie ihre Präsidentschaftsbewerbung für die Demokratische Partei verkündete.
Im Vorwahlkampf hatte ihr parteiinterner Rivale Bernie Sanders die Tatsache, dass Clinton sich von einer Großbank bezahlen ließ, als Hinderungsgrund für ihre Präsidentschaft angeführt. Auch Trump kritisiert Clinton immer wieder als Teil des Washingtoner Establishments und Förderin der Wall Street.
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