Haider und Molterer

Haider zu Molterer: “Erweichen Sie Ihr Herz”

Politik
01.09.2008 10:22
Bei der dritten TV-Konfrontation zur Nationalratswahl sind am Donnerstag ÖVP-Chef Wilhelm Molterer und BZÖ-Chef Jörg Haider aufeinandergetroffen. Beherrschende Themen des Abends waren wieder einmal Teuerung und Steuerreform. Molterer beharrte auf einer Steuerreform erst im Jahr 2010, was Haider unter anderem zur Aussage „Erweichen Sie Ihr hartes Herz“ verleitete. Eine Regierungszusammenarbeit wäre für beide Parteichefs denkbar, daher verlief die Diskussion weitgehend ruhig. Ungehalten wurde Molterer lediglich, als die Frage der aus Kärnten abgeschobenen Asylwerber aufkam: „Das ist nicht anständig!“

„Was mich im Moment wirklich schockiert, ist dass die ÖVP eine unglaubliche soziale Kälte an den Tag gelegt hat und dass die SPÖ da mitgespielt hat“, leitete Jörg Haider die Themen Teuerung und Steuerreform ein. Wilhelm Molterer ließ sich gegenüber Haiders erneuter Kandidatur zur Bemerkung „Jetzt ist er offensichtlich wieder da – das wechselt ja öfter“ hinreißen. Dem BZÖ-Chef bescheinigte er in der Zusammenarbeit „Bandbreite – manchmal ist das konstruktiv – manchmal ist er eben so, wie er ist“. Nicht eben leicht hätten es da die Kärntner, die nicht wüssten, ob Haider Landeshauptmann bleiben oder doch in die Bundespolitik wechseln wolle.

Nach dieser Spitze gegen Haider verteidigte Molterer erneut seinen Plan, eine Steuerreform erst 2010 durchzuführen. Für Arbeiter, Pensionisten sowie Familien seien bereits Maßnahmen ergriffen worden, die schon jetzt für eine Entlastung sorgen, so Molterer. Haider war naturgemäß anderer Ansicht – von der Senkung der Arbeitslosenversicherung etwa bliebe nur die Hälfte, kritisierte der BZÖ-Chef.

Molterer: „Ich habe eine Verantwortung“
Ein Teuerungsausgleich – wie die viel diskutierte Halbierung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel, ein Direktzuschuss wie in Kärnten oder die Preisregulierung von Benzin und Diesel – sei nötig. „Nur die Leut’ zu vertrösten, das ist nicht genug“, so Haider. Molterer konnte sich mit diesen Forderungen nicht anfreunden: „Ich habe eine ganz wesentliche Verantwortung für das Ganze.“ Eine Halbierung der Mehrwertsteuer lehnte er erneut ab, da diese nicht den Menschen helfe, die Hilfe nötig hätten.

Haider zu Molterer: „Erweichen Sie Ihr hartes Herz“
Mit der Steuerreform 2010 sollen 2 Milliarden Euro an den Mittelstand gehen und 700 Millionen Euro Familien entlasten – „das heißt konkrete Hilfe“, so Molterer. Er werde jedoch keine Wahlversprechen liefern, die er nicht halten könne: „Jedes Wahlzuckerl fordert neue Schulden – nicht mit mir.“ Haider warf Molterer daraufhin vor, „Milliarden Mehreinnahmen“ durch Steuern nicht an die Bevölkerung zurück zu geben: „Erweichen Sie Ihr hartes Herz und sehen Sie, dass die Leute ein Problem haben“, griff Haider an und beschuldigte Molterer als Draufgabe der sozialen Kälte und Unbarmherzigkeit. „Sie sind der Säcklwart, Sie haben so viel Mehreinnahmen“, beschwerte sich Haider.

Molterer schlägt zurück: BZÖ „viel von SPÖ abgeschrieben“
Der ÖVP-Chef holte daraufhin zum Gegenschlag aus: „Die Kärntner Finanzpolitik darf nicht zum Vorbild für das Land werden.“ Schließlich trage Haider die Verantwortung dafür, dass jeder Kärntner nun dreimal so viele Schulden habe wie noch Anfang 2002. „Manchmal denk ich mir, Sie haben offenbar sehr viel von der SPÖ abgeschrieben“, ätzte Molterer und stellte klar, er werde kein Geld verschenken, das nicht da sei. „Ein Wahlzuckerl ist etwas, wo man entweder Bauchweh bekommt oder Karies – das ist mit mir nicht machbar“, so der ÖVP-Chef. Soziale Gerechtigkeit werde „da sein müssen“, allerdings habe die wirtschaftliche Entwicklung ebenso hohen Stellenwert in einer künftigen, von der ÖVP geführten Regierung.

Haider als „müde gewordener“ EU-Vorreiter?
Weiteren Ideen des BZÖ konnte Molterer nur teilweise etwas abgewinnen – so sprach er sich gegen die Zusammenlegung der Posten des Kanzlers und des Präsidenten aus, plädierte aber für eine Abschaffung der Landesschulräte. In der Frage der EU warf Molterer seinem Gegenüber vor, er sei „müde geworden“ und habe sich vom EU-Befürworter zum –Gegner gewandelt. Haider sieht sich als enttäuschten ehemaligen EU-Vorreiter: „Der Mittelstand geht ein.“

Molterer will „Durchgriffsmöglichkeit“
Molterer betonte, auch die Frage der Sicherheit nach der Wahl in den Vordergrund rücken zu wollen – so sprach er sich für härtere Bestrafung von sexuellem Missbrauch aus und forderte eine Änderung des Asylrechts, um mehr „Durchgriffsmöglichkeit“ bei Kriminalität zu haben. Haider echauffierte sich daraufhin, die ÖVP habe gemeinsam mit der SPÖ vom BZÖ eingebrachte Anträge zur Verschärfung des Strafrechts bei sexuellem Missbrauch von Kindern mehrmals abgelehnt.

Scharfe Kritik an Haiders Abschiebungen: "Nicht anständig"
Haider sprach sich in Bezug auf nicht rechtskräftig verurteilte, also der Kriminalität beschuldigte Asylwerber erneut für eine „Schutzverwahrung“ aus. Er werde in Kärnten „sicherlich keine kriminellen Asylwerber“ aufnehmen, so Haider. Zum ersten und einzigen Mal ging an dieser Stelle Wilhelm Molterer hart mit seinem Diskussionsgegner ins Gericht: „In diesem Zusammenhang dürfen Sie das Wort Anstand nicht verwenden“, empörte sich Molterer. „Es kann doch nicht sein, das Sie ein Kind in einen Autobus setzen. Das ist nicht anständig.“ Der ÖVP-Chef lobte Innenministerin Fekter, die diese Praxis mehrmals zu unterbinden versuchte. Haider konnte die Aufregung augenscheinlich nicht nachvollziehen: „Wenn die Mutter kriminell ist, da können Sie doch nicht das Kind allein lassen…“ Sichtlich erregt konterte Haider, Molterer könne seine Plakate mit dieser Ansicht „gleich einstampfen lassen“ – „Da setzen Sie sich her als braver Onkel Willi…“

Koalition ja, aber: „Die ÖVP hat uns Knittelfeld angezettelt“ 
Bei der Frage nach einer möglichen erneuten Regierungszusammenarbeit wurden wieder versöhnliche Töne angeschlagen. Eine Koalition sei möglich, so Haider, doch „die ÖVP wird sich ändern müssen“. Vor allem kritisierte der BZÖ-Chef, die ÖVP gönne keinem Koalitionspartner Erfolge. Er warf der Partei sogar vor: „Die ÖVP hat uns Knittelfeld angezettelt“ – ein müdes Lächeln von Molterer war die Folge. „Einmal muss der Gusi weg, einmal muss der Haider dezimiert werden“, beschwerte sich selbiger über die ÖVP. Molterer kann sich eine Zusammenarbeit mit dem BZÖ durchaus vorstellen, allerdings müssten die Themen übereinstimmen, so der ÖVP-Chef.

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