Auf den ersten Blick gibt es in dem Koalitionskompromiss ein paar Möglichkeiten für Hintertürchen: Besteht ein Lokal nur aus einem Raum unter 50 Quadratmeter, so kann der Wirt entscheiden, ober er es als Raucher- oder Nichtraucher-Lokal führt. Aber: Bis 80 Quadratmeter muss der Gastronom nachweisen, ob eine räumliche Trennung "aus rechtlichen Gründen im Rahmen der Betriebsanlage" möglich ist.
Wenn dies nicht möglich ist, besteht weiter die Wahlmöglichkeit. Ist es machbar, dann muss der größere Raum zum Nichtraucher-Raum werden. Letzteres gilt auch für alle größeren Lokale, auch hier muss der größere Raum der Nichtraucher-Raum sein. Wer klärt, ob eine Trennung nun verantwortbar ist oder nicht, ist noch nicht bekannt. Weiters muss durch "Warnhinweise vergleichbar den Zigarettenpackungen" klar gekennzeichnet sein, ob es sich bei einer Gaststätte um ein Nicht- oder ein Raucherlokal handelt.
Abfertigung, wenn man wegen Passivrauchens kündigt
Bezüglich des Arbeitnehmerschutzes hat die Koalition zum größten Teil die Vorschläge der Sozialpartner übernommen. Die Schaffung von Raucherräumen bzw. -lokalen ist generell nur zulässig, wenn über bestimmte Punkte eine kollektivvertragliche Vereinbarung besteht und Kündigungen keine Nachteile bringen: So muss Anspruch auf Abfertigung im gesetzlichen Ausmaß bestehen, wenn ein Arbeitnehmer seinen Job wegen des Passivrauchens kündigt.
Weiters muss dem Arbeitnehmer die notwendige Zeit für Arztbesuche ermöglicht werden, die im Zusammenhang mit dem Passivrauchens am Arbeitsplatz stehen. Verfügt ein Betrieb über getrennte Bereiche, sind Lehrlinge grundsätzlich im Nichtraucherbereich auszubilden. Schwangere sollen sofort frei gestellt werden, wenn sie in reinen Raucher-Lokalen tätig sind.
Zwischen 100 und 1.000 Euro Strafe für Gäste
Die Nichteinhaltung der neuen Bestimmungen wird sanktioniert: Strafen für den Inhaber sollen zwischen 2.000 und 10.000 Euro und für Gäste zwischen 100 und 1.000 Euro betragen.
Neue Bestimmungen deutlich weniger strikt
Die neuen Bestimmungen sind deutlich weniger strikt als die Regelungen in anderen europäischen Ländern, die zum Teil generelle Rauchverbote eingeführt haben. Gusenbauer zeigte sich aber zufrieden: "Unbefriedigend wäre, wenn die Dinge so bleiben, wie sie sind." Die Regelung zeuge von "Augenmaß und Hausverstand", ergänzte Molterer.
Den europäisch betrachtet ersten Schritt zum Verbot in Lokalen setzte am 1. März 2004 Irland. Auch Schottland. England, Wales und Nordirland haben seit vergangenen Sommer ein totales öffentliches Rauchverbot. Auch wer nach Schweden, Italien und Malta fährt, muss teilweise mit Raucherzonen vorlieb nehmen. In Frankreich darf seit Jahresbeginn in Gasstätten nicht mehr gequalmt werden. Einschränkungen gelten weiters in Estland, Finnland, Belgien, Litauen, Spanien, Zypern, Slowenien und den Niederlanden.
Nur eingeschränkt darf in tschechischen und dänischen Lokalen geraucht werden. Im Fürstentum Liechtenstein wird ab Juli ein totales Rauchverbot erlassen. Auch außerhalb Europas dürfen Raucher immer seltener zum Glimmstängel greifen: dazu zählen unter anderem Israel und Thailand.
Kdolsky: "Eine gute österreichische Lösung"
ÖVP-Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky zeigte sich über Einigung zur Novelle des Tabakgesetzes zufrieden: Es sei eine "gute österreichische Lösung" erzielt worden. "Mir ist wichtig, dass in Österreich die Wahlfreiheit bei gleichzeitig maximalem Nichtraucherschutz gewahrt bleibt", meinte die Ministerin. Ein radikales Rauchverbot wäre ein zu großer Eingriff in die Selbstverantwortung der Österreicherinnen und Österreicher.
"Einen Paradigmenwechsel erzeugen wir nicht durch Verbote, sondern durch Überzeugungsarbeit", so Kdolsky. Die "Detailarbeit der Sozialpartner" zum Arbeitnehmerschutz in den vergangenen Tagen habe "wesentlich zur politischen Lösung beigetragen". Mit dem Kompromiss sei sowohl der Schutz der Nichtraucherinnen als auch der Arbeitnehmer in der Gastronomie verbessert worden.
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