"Das ist keine Haft", verteidigte Fekter die De-facto-Internierung von Flüchtlingen in der sonntäglichen "Pressestunde". Innerhalb der Zentren solle es Bewegungsfreiheit und sämtliche notwendige Infrastruktur von Beratungsstellen bis zum Greißler geben. Fekter will damit den Widerstand gegen das Erstaufnahmezentrum im burgenländischen Eberau bekämpfen. "Wenn die Sorge ist, dass die Leute zu viel Bewegungsfreiheit haben, dann muss man reagieren."
Die Idee dafür habe sie aus Großbritannien, für die rechtlichen Grundlagen gebe es ein Urteil des Europäischen Grichtshofs, sagte Fekter. Im Zuge der Diskussion wies Fekter Worte wie "Einsperren" und "Einreisehaftzentrum" empört zurück. Mit der Maßnahme wolle sie verhindern, dass "Flüchtlinge, die sich frei bewegen dürfen, auch in die Illegalität verschwinden".
"Ich will nicht der Markt für Schlepper sein", so Fekter. Sie verwies auf den Fall von 64 Kurden, die im Oktober in einem Lkw aus der Türkei nach Österreich gebracht worden seien. Von diesen hätten 58 einen Asylantrag gestellt. Dann hätten sie sich "wieder vertschüsst und sind in der Illegalität abgetaucht", so Fekter. Die Zeit der "Anwesenheitspflicht" soll bei 20 bis 28 Tagen liegen. Die derzeitige Regelung, die die Bewegungsfreiheit auf die Bezirksgrenzen einschränkt, bezeichnete sie als "ineffizient".
SPÖ verärgert, dass sie übers Fernsehen informiert wurde
Wenn man den Sorgen der Menschen dadurch begegnen könne, "kann sich auch der Koalitionspartner dem nicht widersetzen", meinte Fekter. Informiert habe sie bisher aber nur ÖVP-Chef Josef Pröll, weitere Beratungen kündigte sie für die am Sonntag begonnene ÖVP-Klausur, das Treffen mit SPÖ-Verteidigungsminister Norbert Darabos am Montag und für den Ministerrat am Dienstag an.
"Ich lade den Koalitionspartner ein, so eine Bestimmung mit uns im Parlament zu beschließen", meinte Fekter. Die SPÖ fühlt sich von der Innenministerin aber übergangen. SP-Sicherheitssprecher Otto Pendl titulierte die die Idee als "unausgegorenen und verfassungsrechtlich äußerst bedenklichen" Vorschlag. Es sei dies "ein völlig unsinniger, unwirksamer und vor allem unmenschlicher Ablenkungsversuch". "Flüchtlinge bei ihrer Ankunft im Erstaufnahmezentrum einzusperren, ist eines Rechtsstaates unwürdig und zeugt von purer Unmenschlichkeit", erklärte er. Es sei zudem "keine Art", den Koalitionspartner über das Fernsehen zu informieren.
Heinisch-Hosek "dreht sich der Magen um"
Auch SPÖ-Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek bezeichnete den Vorschlag als unmenschlich. "Ich bin enttäuscht und entsetzt", so die Ministerin: "Denn der heute von Ministerin Fekter präsentierte Vorschlag birgt ein so hohes Maß an Unmenschlichkeit, dass sich mir der Magen umdreht." Man werde nicht zulassen, "dass unser guter Ruf als Rechtsstaat, in dem Humanität groß geschrieben wird, aufs Spiel gesetzt wird". Auch von Verteidigungsminister Darabos kam scharfe Ablehnung. "Es widerspricht der österreichischen Bundesverfassung, Menschen ohne ersichtliche Gründe einzusperren. Hier wird der Boden der Rechtsstaatlichkeit verlassen", erklärte er. Zudem kritisierte Darabos den Stil der Innenministerin. "Dem Koalitionspartner Gesetzesvorschläge über die Medien auszurichten ist kein politischer Stil", so der Verteidigungsminister.
"Wir diskutieren das ärger als eine Sondermülldeponie"
Fekter beharrt weiterhin auf der Notwendigkeit eines dritten Erstaufnahmezentrums. Beworben hätten sich vier Gemeinden aus der Steiermark und je drei aus dem Burgenland und Kärnten. Konkret nennen wollte sie diese unter Verweis auf das "Mobbing" gegen den Eberauer Bürgermeister nicht. Über die hochgehenden Emotionen zeigte sie sich erstaunt. "Es ist eigenartig, dass man sich vor Flüchtlingen, die möglicherweise hierbleiben dürfen, mehr fürchtet als vor Abzuschiebenden." Und: "Dass wir ein Flüchtlingszentrum ärger diskutieren als eine Sondermülldeponie, das schmerzt mich auch."
Fekter legt sich auch mit Kärnten an
Fekter legte sich in der "Pressestunde" nicht nur mit dem Koalitionspartner an: In Sachen Asylwerber-Grundversorgung sprach sie dem Land Kärnten die bestehenden Sonderrechte bei der Quotenerfüllung ab. "Um eine Nebenabrede kann ich mich wenig kümmern", sagte sie in Hinblick auf Absprachen des verstorbenen Landeshauptmanns Jörg Haider mit der verstorbenen Innenministerin Liese Prokop, auf die die Kärntner Regierung beharrt. Sie sei für finanzielle Sanktionen für säumige Bundesländer, warnte aber, dass sich einzelne Länder von ihren Verpflichtungen freikaufen könnten.
In der Standortfrage gestand sie einen in der Diskussion um Eberau oft vorgebrachten Einwand des burgenländischen Landeshauptmanns Hans Niessl ein: Es sei tatsächlich zur Diskussion gestanden, explizit Kärnten in den Koalitionspakt zu schreiben, was dann aber auch nicht für das Schubhaftzentrum in der Steiermark geschehen sei.
Das Bundes-BZÖ forderte am Sonntag übrigens als einzige Partei abseits der ÖVP die Umsetzung der "Anwesenheitspflicht". Das BZÖ habe immer schon gefordert, dass Asylwerber bis zur Klärung der Zuständigkeit ein Lager nicht verlassen dürfen, hieß es.
Grüner Protest, SOS Mitmensch fordert Fekters Rücktritt
Widerstand kam auch von den Grünen und der FPÖ. "Das von Innenministerin Fekter verursachte Asyldesaster im Land sollen jetzt offenbar die Flüchtlinge durch Freiheitsentzug ausbaden", meinte die Grüne Menschenrechtssprecherin Alev Korun. "Aus den bisherigen Erstaufnahmezentren sollen somit 'Einreisehaftzentren' werden." Auch die FPÖ zeigte sich unzufrieden, wenn auch aus anderen Gründen. Statt eine Anwesenheitspflicht in österreichischen Aufnahmezentren zu fordern, wäre Fekter besser beraten, darauf zu schauen, dass Österreich nicht länger von Asylbetrügern überrannt werde, so Generalsekretär Harald Vilimsky.
Die Menschenrechtsorganisation SOS Mitmensch erklärte sich via Aussendung bereit, ÖVP-Chef Pröll bei der Suche nach einer geeigneten Person für die Führung des Innenressorts zu unterstützen. "Wenn Maria Fekter glaubt, dass sie die menschenrechtlichen Verpflichtungen Österreichs nur noch mit Hilfe von Internierungslagern erfüllen kann, dann findet sich sicher eine geeignetere Person für dieses Amt", hieß es von SOS Mitmensch.
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