Wer wird was?

Postenschacher im großen Wahlfinale um ORF-Chef

Österreich
08.08.2016 17:01

Großes Finale um den ORF-Chef! Am Montagabend um 18 Uhr präsentierten die beiden Kandidaten, der amtierende General Alexander Wrabetz und sein Kaufmännischer Direktor Richard Grasl, den ORF-III-Zusehern ihre Pläne bis 2021. Eine Premiere! Nicht neu ist das schamlose Schachern um gut dotierte Posten im Staatsfunk.

Wer kommt, wer geht, wem wurde was versprochen? Vor allem die Namen rund ums neue Direktionsteam sind zahlreich. Einzige Fixstarterin bei beiden Herren soll Programmdirektorin Kathrin Zechner sein. Als Onlinedirektor ist Thomas Prantner (derzeit Technik-Vize) im Gespräch und auch Grasls Intimus Roland Weissmann wird für eine Topposition gehandelt. Und es soll auch ein Wiedersehen geben - mit Pius Strobl. Der einstige Kommunikationschef könnte Wrabetz als Generalsekretär hilfreich zur Seite stehen.

Kathrin Zechner (Bild: APA/Georg Hochmuth)
Kathrin Zechner

Es wird getrickst, getarnt und getäuscht
Spannend sind auch die Spekulationen um (politische) Farbenspiele und die knappen Mehrheitsverhältnisse bei der Wahl zum ORF-Generaldirektor im Stiftungsrat. Wer der 35 im ORF-Aufsichtsgremium gibt welchem Kandidaten die Stimme? Es wird getrickst, getarnt und getäuscht. Beide Kandidaten schicken ihre Emissäre mit Angeboten im Gepäck aus.

Klar ist für das große Finale am Dienstag nur der Ablauf: Ab 10 Uhr kommen die Stiftungsräte zusammen, um sich die beiden einzigen Bewerber (in alphabetischer Reihenfolge) anzuhören. Dann kommt die Fragerunde und ab Nachmittag wird - einzeln mit Stimmzettel in einer Wahlzelle - abgestimmt. Die Auszählung erfolgt übrigens offen, die früher geheime Wahl wurde 2001 abgeschafft.

Im Gleichschritt ins Finale: Wrabetz (links) und Herausforderer Grasl (Bild: APA/Georg Hochmuth)
Im Gleichschritt ins Finale: Wrabetz (links) und Herausforderer Grasl

Kräfteverhältnis gilt bis zuletzt als offen
18 Stimmen, also die einfache Mehrheit, sind notwendig. Auch ein Gleichstand - wenn sich ein Stiftungsrat enthält - scheint derzeit möglich. Dann entscheidet der rote Vorsitzende. Das Kräfteverhältnis galt bis zuletzt als offen. Dem SPÖ- bzw. ÖVP-nahen "Freundeskreis" werden je 13 Stimmen zugerechnet. Während Betriebsräte, Hans Peter Haselsteiner (NEOS) und der Grüne eher zu Wrabetz tendieren, könnten der blaue Vertreter, jener vom Team Stronach und der frühere Caritas-Präsident Franz Küberl Grasl den Vorzug geben. Es wird also ganz knapp, Überraschungen in der letzten Minute gelten nicht als ausgeschlossen.

Nächster wichtiger Termin nach der Wahl des Chefs am Küniglberg ist im September die Bestellung der fünf Direktoren. Dann erfolgt die Bekanntgabe der Top-Positionen bei den jeweiligen Landesstudios - angeblich findet nur in Salzburg ein Wechsel statt. Auch hier wird bis zuletzt um Posten geschachert. Der neue/alte Generaldirektor tritt am 1. Jänner 2017 seine fünfjährige Amtsperiode an.

Kommentar von Claus Pándi: Rache durch die Hintertür
Die Wahl des ORF-Generals findet zwar erst am Dienstag statt, aber das Ergebnis könnte bereits ausgemachte Sache sein. Weil von einer "Wahl" im eigentlichen Sinn kann keine Rede sein.

Der Chef des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wird von einer Art Politbüro bestimmt. Dessen Mitglieder entscheiden - von wenigen Ausnahmen abgesehen - nach Abhängigkeiten und Vorteilen, die recht wenig mit den eigentlichen Aufgaben des ORF zu tun haben.

Bei diesem unappetitlichen TV-Basar spielen alle mit. Die Regierungsparteien ebenso wie die vorgeblich kritischen Oppositionsvertreter von Grün und Blau.

Wie nun am Montag zu hören war, ist die Sache für Amtsinhaber Alexander Wrabetz schon gelaufen. Der ORF-Chef soll es mit seinen Freunden in der SPÖ im Poker um die Macht in der Medienorgel geschafft haben, alle Unentschlossenen zu "überzeugen". Wie der Kanzlerpartei dieses Kunststück gelungen ist, bleibt der Fantasie überlassen.

Wrabetz' Herausforderer Richard Grasl könnte zum Verhängnis geworden sein, dass sein politischer Förderer Erwin Pröll heißt. Mit Niederösterreichs Landeshauptmann gibt es viele offene Rechnungen. Vor allem seiner eigenen Partei, der ÖVP, geht das von St. Pölten ausstrahlende demonstrative Machtbewusstsein schwer auf die Nerven.

Für die direkte Konfrontation mit Pröll mangelt es jedoch an Mut. Daher wird Rache durch die Hintertür geübt. Die könnte den Bewerber um den ORF-Chefposten, Richard Grasl, treffen.

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