Dem Vorwurf, die Koalition streite nur, bringe nichts weiter und Österreich stehe schlecht da, mussten sich am Dienstag im ORF-"Bürgerforum" Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) stellen. Ein Bild des Streits gaben die beiden nicht ab, im Gegenteil: Sie bemühten sich gemeinsam, dem negativen Image entgegenzutreten.
Kern räumte ein, dass es in der Koalition manche Reibereien gibt. Mitterlehner und er würden allerdings "nur im Ausnahmefall" streiten. Das negative Bild nach außen entstehe, "weil immer welche da sind, die da querfunken" und "nicht immer alle in eine Richtung rudern - nicht nur in der Opposition".
"Wir stehen uns da und dort selber im Weg und verstellen uns die guten Ergebnisse", so Mitterlehner, aber man sei "gemeinsam der Meinung, wir sollten das zurückfahren". Es schade nichts, sich auseinanderzusetzen, wenn am Schluss etwas herauskomme. Das war aus seiner Sicht der Fall, "in dem Land ist einiges weitergegangen", wenngleich für die Zukunft noch einiges zu tun bleibe.
Politik heißt "sich festbeißen und langsam vorwärts robben"
Bei aller konsequenten Arbeit der Regierung könne man nicht zufrieden sein, es gebe noch viel zu tun, pflichtete Kern bei - und warnte vor Populisten, die die sofortige Lösung aller Probleme versprechen würden: Politik heiße "sich festbeißen und langsam vorwärts robben", jeder, der verspreche, einen "Zauberstab" zu haben, "vergessen Sie den sofort".
Bei den Bürgern im Studio kamen die Botschaften nicht wirklich an, bis zum Schluss wurde beklagt, dass die Regierung nur streite und nichts weiterbringe. Inhaltlich die häufigste Klage war jene darüber, dass Flüchtlinge, die nichts ins System eingezahlt haben, mehr Mindestsicherung bekämen als viele Österreicher nach einem langen Arbeitsleben an Pension.
Kanzler und Vizekanzler verwiesen auf die Ausgleichszulage, mit der niedrige Pensionen auf 1000 Euro erhöht würden - wobei Mitterlehner unterstrich, dass es "einen Unterschied geben muss zwischen denen, die eingezahlt, und denen, die das nicht getan haben". In Österreich bestehe freilich "ein gewisses Grundrecht auf Versorgung". Kern trat nach einigen Einwürfen zur Verteidigung der Mindestsicherung an: Es gehe darum, "dass nicht Menschen so an den Rand gedrängt werden, dass sie auf blöde Ideen kommen". Dabei biete die Mindestsicherung von meist 830 Euro pro Einzelperson - die vor dem Bezug ihr gesamtes Vermögen, auch das Auto, hergeben müsse - kein Leben im Luxus, sondern sei "das letzte Netz für die, die sozial aus der Kurve geflogen sind".
Strache: 1000 Euro Mindestpension, 1300 Euro Mindestlohn
Das Thema Mindestsicherung von 830 Euro bei 940 Euro Mindestpension sprach auch FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache an - und verlangte 1000 Euro Mindestpension sowie 1300 Euro Mindestlohn. Robert Lugar (Team Stronach) sieht die Regierung gelähmt, weil "in Wahrheit Landeshäuptlinge, Kammern, Gewerkschaft und Einflüsterer von den Banken abwärts" das Sagen hätten.
Grünen-Chefin Eva Glawischnig beklagte, dass es der Regierung - die im Streit immer nur den "kleinsten gemeinsamen Nenner" schaffe - nicht gelungen sei, die bundesweit einheitliche Mindestsicherung beizubehalten. NEOS-Chef Matthias Strolz hielt Kanzler und Vizekanzler vor, "alles nur gutreden und die Käseglocke über alles stülpen" zu wollen.
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