Der "stille Stein"

Rolling Stones-Altmeister Bill Wyman wird 80

Musik
21.10.2016 11:34

Er spielt Bass bei den Welthits "Satisfaction", "Brown Sugar" und beim legendären Hyde-Park-Konzert 1969. Heute ist der ehemalige Rolling Stones-Bassist Bill Wyman vor allem stolz auf seine riesige Sammlung. Er sei der "geborene Bibliothekar" sagt er über sich selbst, bekannt für Pünktlichkeit und eine leichte Zwangsneurose.

(Bild: kmm)

Die anderen Stones machten sich lustig über seine Sammelwut, verrät er dem "Telegraph": "Es war ziemlich schwierig auch nur irgendetwas mitzunehmen, weil wir die Konzerthallen so schnell verlassen mussten - die Kids fielen über uns her und sprangen sogar über Polizeiwagen."

Riesenparty
Mehrere Bücher und Bildbände sind das Resultat - und seine derzeitige Ausstellung in London: Am 24. Oktober, seinem 80. Geburtstag, eröffnet Wyman "Around The World In 80 Years" mit Backstage-Fotos in der Proud Gallery. Die wirkliche Party aber wird am Freitag auf der Bühne beim Bluesfest in London stattfinden, mit Gala-Gästen wie Robert Plant (Led Zeppelin), Bob Geldof und Mark Knopfler (Dire Straits).

Der Sohn eines Maurers lernt verschiedene Instrumente, doch Bass interessiert ihn erst mit 23 Jahren. Die Rolling Stones heuern Wyman - verheiratet, angestellt - im Dezember 1962 an. 1964 schießt "It's All Over Now" an die Spitze der britischen Charts, und ab dann geht es nur noch aufwärts, mit Hits wie "Gimme Shelter" und "Jumpin' Jack Flash", von dessen Riff Wyman behauptet, er habe ihn geschrieben. In seiner Autobiografie "Stone Alone" schreibt er: "Ich klimperte einfach nur auf dem Klavier herum und begann diesen Riff zu spielen, da-daa, da-daa, dann spielte Brian etwas auf der Gitarre und Charlie begann mit einem Rhythmus. Mick und Keith kamen rein und sagten, 'Hey, das klingt richtig gut, was ist das?'" Bis heute ärgert Wyman, dass die Stones seinen musikalischen Einfluss nicht offiziell anerkennen.

Kein Langweiler
Die Band lässt es immer krachen. Doch es ist ein Schock, als der vermeintliche Langweiler plötzlich die Schlagzeilen dominiert. Zum einen hat er auf Tourneen mit Hunderten von Frauen geschlafen. "Alles ein bisschen verschwommen", gesteht Wyman dem "Telegraph". "Aber ich kann mich an viele erinnern. Ich war verheiratet, konnte also nicht über sie in meinen Tagebüchern schreiben."

Zum anderen kommt heraus, dass er seit 1984 mit der damals 13-jährigen Mandy Smith zusammen ist; er ist 47. Fünf Jahre später heiraten sie. Was heute als Missbrauch einer Minderjährigen angeprangert würde, war für die Regenbogenpresse damals eine "Märchenhochzeit".

Späte Wiederkehr
Einer der Gründe, wieso er die Stones Ende 1992 verlässt. "Ich musste mein Leben wieder auf die Reihe kriegen", sagte er dem "Guardian". "Das war wirklich notwendig." Die Stones können seine Entscheidung nicht verstehen. "Sie sagten mir, ich würde wahrscheinlich 20 Millionen Pfund für die nächsten zwei Jahre aufgeben." Aber Wyman behauptet, er habe es nie bereut. 2012 bitten sie ihn bei ihren beiden großen Jubiläumskonzerte in London das letzte Mal auf die Bühne - allerdings nur für zwei Songs.

Als er die Band verlässt, bittet er noch im selben Jahr seine alte Flamme Suzanne Accosta ihn zu heiraten. Er ist glücklich; die dritte Ehe funktioniert und sie haben drei gemeinsame Töchter. Seine Familie helfe ihm derzeit auch die Behandlung von Prostatakrebs durchzustehen, mit dem er im März dieses Jahres diagnostiziert wurde.

Sammelwut
1997 gründet er die Bluesrock-Band Bill Wyman's Rhythm Kings, tourt seither und hat mehrere Alben aufgenommen. Und wenn er sich wirklich mal nach alten Zeiten zurücksehnt, kramt er in seinen Schätzen daheim oder besucht sein Restaurant "Sticky Fingers" in Kensington: An der Wand hängen Hunderte von Erinnerungsstücken, angefangen von Goldenen Schallplatten bis hin zu Brian Jones' Gitarre und Wymans legendärem selbstgebautem Mini-Bass.

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