Wenn es um politische Unkorrektheit, Hedonismus und ausufernde Dekadenz im Rock-Business geht, dann bleibt der Zeiger unter Garantie bei Steel Panther stehen. Die kalifornischen Glam Rocker mit dem sechsten Sinn für ausgefallene Texte und krude Kostümierung veröffentlichen in Kürze ihr neues Studioalbum "Lower The Bar" und spielen im Juni live am Nova Rock. Zu diesem Anlass haben wir uns mit Sänger Michael Starr und Gitarrist Satchel im Berliner Gibson Store getroffen, um uns aus erster Hand aufklären zu lassen.
Songtitel wie "Goin' In The Backdoor", "Pussy Ain't Free" oder "Walk Of Shame", stetes Blankziehen der weiblichen Besucher bei den Konzerten und anzügliche Witze im Maschinengewehrsalventakt - die US-amerikanischen Glam Rocker Steel Panther sind alles andere als ein Fall für das Feuilleton renommierter Qualitätsmagazine. Seit mittlerweile 20 Jahren - anfangs noch als Coverband unter dem Namen Metal Shop - umschiffen die Kalifornier geschickt jede Grenze des guten Geschmacks und haben dabei nur zwei große Ziele im Visier: So viel Spaß wie möglich zu haben und den dekadenten Hedonismus der 80er-Jahre-Rockkultur in die Gegenwart zu projizieren.
Rache des Rock
Dieses Vorhaben gelingt dem Quartett seit geraumer Zeit fantastisch. Anfangs noch wöchentliche Gäste in Johnny Depps kultigem Club Viper Room am Sunset Strip in L.A., entwickelten sich Sänger Michael Starr, Gitarrist Satchel, Bassist Lexxi Foxx und Drummer Stix Zadinia mit den Jahren nicht zu ernstzunehmenden Songschreibern, sondern setzten sich entgegen aller Unkenrufer weltweit erfolgreich in Szene. "Als Nirvana und Pearl Jam Anfang der 90er-Jahre den Metal töteten, waren wir ziemlich angepisst", erinnert sich Gitarrist Satchel im "Krone"-Interview im Berliner Gibson-Store zurück, "wir spielten zwar damals schon Heavy Metal, aber du konntest noch nicht einmal die Straße entlang gehen, ohne dass dir dafür jemand in die Eier treten wollte". Sänger Starr ergänzt: "Damals entstand der Begriff 'Butt Metal'. Jeder machte sich über uns lustig, aber wir wussten, dass wir den Spieß irgendwann umdrehen würden."
2009 veröffentlichten Steel Panther mit "Feel The Steel" erstmals weltweit ein Studioalbum und konnten auf die Hilfe zahlreicher großer Namen im Musikbusiness bauen. So waren etwa Slipknot-Frontmann Corey Taylor, The Darkness-Sänger Justin Hawkins oder Anthrax-Gitarrist Scott Ian auf dem Album zu hören. Über all die Jahre hatten sich Steel Panther bestens im amerikanischen Musikmarkt vernetzt - mit diesem Album schafften sie schließlich den Durchbruch in Europa. Mit ihren flachen, extrem sexualisierten und jede politische Korrektheit umschiffenden Texten stießen sie wie ein Speer in eine hermetisch abgeriegelte Welt skandalfreier Ordnung. Selbsternannte Wächter des guten Geschmacks haben es seither ebenso auf die Band abgesehen, wie humorresistente Moralapostel, denen die beißende und zugegeben grenzwertige Ironie der Band zu viel ist.
Sicherheitshafen
"Speziell im Internetzeitalter sind es nicht nur Feministinnen, die uns hassen", erklärt Satchel, "wir lieben Vaginas über alle Maßen und uns ist es scheißegal, was irgendjemand darüber denkt. Wir sind sicher die ehrlichste Band im ganzen Rock-'n'-Roll-Zirkus, weil wir unseren Gefühlen freien Lauf lassen. Was soll ich denn machen, wenn die Titten einer Frau schön sind? Sie nicht dafür loben?" Dass die Band das Animalisch-Wilde der 80er-Jahre wieder zurückgebracht hat, macht sie stolz. "Eine Steel Panther-Show ist ein Sicherheitshafen für politische Unkorrektheit. Du kannst zu uns kommen und sagen, was immer du willst."
Dieses Erfolgsrezept geben Steel Panther auch auf ihrem brandneuen Studioalbum "Lower The Bar" nicht auf. "Der Albumtitel ist eine Lebensphilosophie und jeder sollte sich daran halten, wenn er eine schöne Zeit erleben will. Es geht darum, die Erwartungen zu senken. Jeder Typ will beim Ausgehen immer die heißesten Bräute aufreißen, aber wenn du dir bewusst eine suchst, die nicht zu den größten Fegern zählt, hast du wahrscheinlich mehr Erfolg und vielleicht sogar besseren Sex", erklärt Satchel das neue Werk mit dem für die Band gewohnten Augenzwinkern, "die Menschen wollen dir immer einreden, dass du großen denken sollst, um im Leben Erfolg zu haben. Ich sage: denke klein und sei glücklich mit dem, was du hast."
Union mit den Fans
Dass der Band auch nach knapp zwei Dekaden des Bestehens noch immer Ideen für anzügliche Flachwitze kommen, liegt mitunter am breiten Humorverständnis der Bandmitglieder. "Wenn du es liebst, Songs zu schreiben, dann wird dir immer etwas einfallen", beschreibt Satchel die andauernde Kreativitätsphase, "wir schreiben über Dinge die wir gerne haben und die uns interessieren. Wir haben damit auch mehr Freiheiten als die meisten Bands, weil sie sich von ihrem Konzept her schon limitieren müssen. Sie können nicht über Gloryholes schreiben oder über Gangbangs in Altenheimen. Wir machen es einfach, ohne dass uns einer unserer Fans dafür böse ist." Kritik prallt dabei locker an den Musikern ab. "Wir sind auf der richtigen Spur, sonst würden die Fans nicht unsere Alben kaufen und zu unseren Shows kommen. Die Hater suchen sich ohnehin immer die gleichen Punkte heraus."
So humorig Steel Panther in ihren Texten vorgehen, so ernst nehmen sie die Musik. Dass sich etwa Nikki Sixx, Bassist der Steel Panther-Vorbilder Mötley Crüe, einst einmal despektierlich über das Wesen der Kalifornier äußerte, nimmt Satchel nur ungern in Kauf. "Natürlich waren wir 20 Jahre später dran als all die anderen. Aber wir alle schrieben und schreiben Songs über Partys und das Ficken. Wo ist der Unterschied zwischen unserem Song 'Party Like Tomorrow Is The End Of The World' und der Crüe-Nummer '10 Seconds To Love'? Wir machen es vielleicht mit etwas mehr Humor, aber ist das nicht egal? Dass man uns als Parodie-Band bezeichnet, ist nicht okay. Wir nehmen die Musik verdammt ernst und spielen jede Show so, als ob es die letzte wäre."
Erwartet das Unerwartete
Davon können sich die Steel Panther-Fans spätestens beim Nova Rock im burgenländischen Nickelsdorf überzeugen, wo die Band am 14. Juni wieder eine Party der Sonderklasse garantiert. Mit dabei ist garantiert auch die Single "Poontang Boomerang", die man weltexklusiv auf der Sexseiten-Plattform "Pornhub" präsentierte. Nur eine weitere der vielen kruden Ideen, die Steel Panther heute in ganz besonderer Art und Weise herausstechen lassen. So wie etwa als erste Singleauskoppelung mit "She’s Tight" eine Cheap Trick-Coverversion zu wählen. Bei Steel Panther erwartet man eben lieber gleich das Unerwartete…
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