Ein Urteil des Obersten Gerichtshofs sorgt für Aufregung: Bei der Berechnung der Kreditzinsen muss der Kunde vom - derzeit negativen - Referenzzins profitieren. Die Hypo Tirol, die von der Arbeiterkammer geklagt wurde, hat das Verfahren verloren und muss Geld zurückzahlen. Viele weitere Banken könnten folgen.
Es geht prinzipiell um ältere Kreditverträge mit einem flexiblen Zinssatz: Dieser setzt sich zusammen aus dem sogenannten Referenzzins (Euribor, Libor) und einem Aufschlag der Bank.
Seit 2015 sind die Referenzzinsen negativ. Daher muss man diese vom Aufschlag der Bank abziehen, und der Kunde zahlt weniger. Beispiel: Wenn der Euribor -0,2 beträgt und der Aufschlag ein Prozent, dürften nur 0,8 Prozent verrechnet werden. Die Hypo Tirol hat aber - wie viele andere Institute auch - so agiert, dass der Referenzzins nie negativ sein kann, und hat daher nichts abgezogen.
"Die Zeit der Ausreden ist jetzt vorbei"
Die Arbeiterkammer Tirol hat einen Fall vor Gericht gebracht und nun vom OGH Recht bekommen. Experte Andreas Oberlechner glaubt, dass aufgrund dieses Urteils Tausende Kreditnehmer in ganz Österreich Geld zurückbekommen dürften. Das beträfe sowohl Euro- als auch Fremdwährungskredite, so Oberlechner. "Die Zeit der Ausreden ist jetzt vorbei."
Bei den Banken sieht man das teilweise anders. Da sind zum einen jene Institute, die seit jeher die Negativzinsen einberechnet haben und daher überhaupt nicht betroffen sind (z.B. die Bank Austria). Bei jenen, die ähnlich wie die Hypo Tirol agiert haben, werden nun die (teilweise komplizierten) Kreditverträge geprüft.
Drei ähnliche Verfahren noch offen
Franz Rudorfer vom Bankenverband der Wirtschaftskammer verweist darauf, dass drei weitere ähnliche Verfahren beim OGH offen seien und man nicht automatisch davon ausgehen könne, dass das Hypo-Tirol-Urteil für alle gelte. Eine Bank beruft sich darauf, dass Negativzinsen eine "Störung der Geschäftsgrundlage" seien.
Manfred Schumi, Kronen Zeitung
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