Ausgerechnet aus der politischen Heimat von Bundeskanzler Christian Kern kommen jetzt massive Angriffe gegen den SPÖ-Chef. Der teilweise als sehr linksromantisch geltende Verband Sozialistischer Student_innen (VSStÖ) hat Kern am Donnerstag ganz öffentlich als "kompromisslos grundsatzlos" bezeichnet.
Schon seit einigen Wochen rumort es in der SPÖ. Die sozialdemokratischen Studentenvertreter sind mit der Politik des Kanzlers und Parteivorsitzenden unzufrieden. Erste Kritik am Regierungschef hat es bereits kurz nach der Präsentation der von Kern als "Plan A" bezeichneten Parteibroschüre für die künftige Politik der SPÖ gegeben. Teile dieses Plans sind in das neue Arbeitsprogramm der Regierung eingeflossen, nachdem unter anderem Innenminister Wolfgang Sobotka gemeint hatte, der Pakt trage "die Handschrift der ÖVP".
Erneut entzündet hat sich die Kritik der überwiegend jungen Parteilinken an Kern in den vergangenen Tagen nach der Debatte um einen Stopp des europäischen Umsiedlungsprogramms für Flüchtlinge.
"Schonfrist vorüber"
Vergleichbar mit der Kritik an Kerns Vorgänger Werner Faymann heißt es nun aus dem Umfeld des VSStÖ, "wir verlieren langsam die Geduld mit unserem Vorsitzenden". Der SPÖ-Chef erfülle als Kanzler nicht die in ihn gesetzten politischen Erwartungen, die Schonfrist sei nun vorüber.
Schmähschrift gegen Kern
Vorläufiger Höhepunkt der parteiinternen Kritik ist eine am Donnerstag publik gewordene Schmähschrift gegen Kern in einer Extra-Ausgabe der linken Studentenzeitung "Rotpress" (siehe unten) - ein Blatt, das Kern in den 1980er-Jahren selbst einmal als Chefredakteur geführt hatte. Auf der Titelseite des Pamphlets fragen die parteiinternen Kritiker den Kanzler: "Wie viel Style hat DEIN Verrat an der Bewegung?"
Kommentar von Claus Pándi: Schwacher Trost
Die Kanzlermacher sind jetzt mit sich selbst unglücklich. Gemeint ist damit der in Wien beheimatete linke Flügel der SPÖ, der vor einem Jahr Werner Faymann demontiert hat, um Christian Kern zum Bundeskanzler zu machen.
Seit einigen Tagen stänkert jene Partie der SPÖ gegen Kern, auf deren Welle Kern ins Amt des Regierungschefs gesurft ist. Das Motiv der Linken ist wie so oft Enttäuschung. Sie dachten, Kern werde als modernes, schickes Idol ihrer Hoffnungen eine Politik aus dem sozialistischen Handbuch der Utopien machen.
Macht Kern aber nicht. Kern macht das, was alle Kanzler machen, die unbedingt Kanzler bleiben und nicht in der Opposition landen wollen. Er macht von allem etwas. Ein wenig für diese Gruppe, ein bisschen für die andere. Das nennt sich nicht sozialdemokratisch, sondern eher pragmatische Flexibilität.
Der Bundeskanzler und SPÖ-Chef hat es auch nicht leicht. Das Land steht in einem nicht erklärten Wahlkampf. Da will Kern natürlich nicht nur die Stimmen von links und links der Mitte, sondern ebenso von rechts. Und damit landet so ein Regierungschef schnell in einem geschmacklich schwer definierbaren Brei. Viele stört das kaum. Nur den Linken schmeckt das natürlich überhaupt nicht.
Es mag ein schwacher Trost für Kern sein, aber auch ÖVP, Grüne und NEOS haben Schwierigkeiten. Nicht einmal die FPÖ ist geschlossen. Die Freiheitlichen schaffen es nur besser, ihre Probleme unter der Tuchent zu halten.
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