Noch vor einem Jahr, als es um einen möglichen ÖVP-Kandidaten für die Hofburg-Wahl ging, entschied sich Erwin Pröll, in St. Pölten und an der Spitze der niederösterreichischen Landesregierung zu bleiben. Damals ging man noch davon aus, dass er auch über die Landtagswahl im Jahr 2018 hinaus bleiben würde. Zuletzt verdichteten sich allerdings die Gerüchte, wonach er nicht mehr lange amtieren möchte. Nun hat der 70-Jährige "Landesvater" seinen Rücktritt bekannt gegeben. Pröll stand knapp 25 Jahre an der Spitze des flächenmäßig größten Bundeslandes.
Pröll wurde am 24. Dezember 1946 als "Christkind" in eine Weinbauernfamilie im niederösterreichischen Radlbrunn geboren. Die Katastralgemeinde von Ziersdorf ist bis heute sein Zuhause. Nach der Matura in Tulln und dem Präsenzdienst studierte Pröll an der Universität für Bodenkultur. Noch vor seiner Promotion als Agrarökonom wurde er 1972 in den Österreichischen Bauernbund geholt und dort bald wirtschaftspolitischer Referent.
Der ehemalige Bauernbunddirektor und ÖVP-Generalsekretär Sixtus Lanner entdeckte Prölls politisches Talent und holte ihn an seine Seite. Mit 33 Jahren wechselte Pröll in die Landesregierung. Am 22. Oktober 1992 trat er die Nachfolge von Landeshauptmann Siegfried Ludwig an. Er war bzw. ist damit der aktuell längst amtierende Landeshauptmann Österreichs, und er ist der letzte Landeshauptmann, der mit absoluter Mehrheit regiert.
"Der Herrgott hat's ganz schön gut gemeint mit mir"
Bei seinem ersten Antreten als Spitzenkandidat 1993 führte die Kandidatur des kurz zuvor gegründeten Liberalen Forums (LIF) dazu, dass die ÖVP die "Absolute" verlor. Zehn Jahre später eroberte Pröll diese mit 53,3 Prozent zurück und verteidigte sie danach erfolgreich 2008 (54,4 Prozent) und 2013 (50,8 Prozent). Diese Wahlerfolge sowie die Errichtung der Donau-Universität in Krems, der Elite-Uni IST Austria in Klosterneuburg sowie die Entwicklung des Konzert-Standortes Grafenegg nannte Pröll neben der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes als Höhepunkte seiner langjährigen Arbeit. "Der Herrgott hat's ganz schön gut mit mir gemeint", so der nun scheidende Landeshauptmann anlässlich seines 70ers.
Polit-Schwergewicht mit Reichweite bis in die Bundespolitik
Pröll galt freilich nicht nur in Niederösterreich als starker Mann. Sein Wort hatte seit Jahren auch in der ÖVP allgemein und somit auch auf dem bundespolitischen Parkett großes Gewicht. Kritik gab es immer wieder am machtpolitischen Wirken Prölls, das von manchen als autoritäres und feudales Gehabe abgetan wurde. Ein Kolumnist verpasste ihm etwa den Titel "Sultan von St. Pölten".
"Wenn man ein Landesvater sein will, muss man manchmal auch streng sein", meinte Pröll dazu in einem Interview. Zugleich fragte sich der Landeshauptmann, je älter er wurde, "ob sich manche Konflikte ausgezahlt haben". Zuletzt bekam das Bild Prölls auch wegen der Kritik an seiner Privatstiftung einige Kratzer ab. Der Landeschef wies alle Vorwürfe zurück.
"Es gibt Höheres als die Politik"
Pröll, der mit Leopold Figl und Eduard Hartmann zwei seiner Vorgänger als politische Vorbilder nennt und den Ende Oktober 2010 verstorbenen Altlandeshauptmann Andreas Maurer stets als väterlichen Freund bezeichnete, hat wiederholt betont, gern "erster Diener" des Landes zu sein. Im März soll es damit vorbei sein. Dann will sich Pröll - er ist verheiratet, hat eine Tochter, drei Söhne und mittlerweile sechs Enkelkinder - seiner Familie widmen. Denn: "Es gibt Höheres als die Politik."
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