Jener 24-Jährige, der Anfang Oktober 2016 seine schwangere Freundin und den gemeinsamen 22 Monate alten Sohn getötet hat, ist am Donnerstag zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Daniel L., der zum Zeitpunkt der Taten als Polizist tätig war, war neben Doppelmord auch das Verbrechen des Schwangerschaftsabbruchs ohne Einwilligung der Schwangeren zur Last gelegt worden. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
"Das war mein Wunsch: für sie der beste Freund zu sein und für Noah der beste Vater." Doch stattdessen löschte Polizist Daniel L. (24) im Vorjahr in Wien seine Familie aus. Er erschoss seine schwangere Freundin und erwürgte seinen Sohn. "Ich wünschte, dass das anders ausgegangen wäre", sagte er jetzt im Wiener Gericht. "Ich wünschte, ich hätte einen Ausweg gefunden."
Noah durfte nur 22 Monate alt werden, seine Mutter Claudia K. 25 Jahre. Sein Bruder, noch in Mamas Bauch, erblickte gar nicht erst das Licht der Welt. Sein Vater sitzt jetzt vor den Geschworenen, den Kopf gesenkt. Der Zuschauerraum ist voll besetzt. Trotzdem ist es leise, darauf hat der vorsitzende Richter Stefan Apostol vor Prozessbeginn alle eingeschworen.
Weinender Freundin im Bett in Hinterkopf geschossen
"Ich wollte keine perfekte, aber eine normale Familie haben", sagt Daniel in diese Stille hinein. Und doch verübte er "unbegreifliche Taten", wie Staatsanwältin Karina Fehringer sie bezeichnet: Am 2. Oktober hatte er sich im Zuge eines Streits neben die weinende Freundin auf das Bett gesetzt und sie erschossen. Den Tag verbrachte er dann mit Noah, seiner - unwissenden - Geliebten und deren Kind. Am nächsten Tag tötete er auch Noah. Danach versuchte er noch mit einer Vermisstenanzeige und falschen, von Claudias Handy verschickten SMS, alles zu vertuschen.
Dabei hatte es so gut begonnen. Der Steirer und die Kärntnerin hatten einander über ein Dating-Portal im Internet gefunden. Rasch war sie schwanger. Ob es Zweifel an der Vaterschaft gab? "Das war egal", sagt Daniel, "als Noah auf die Welt kam, habe ich mich sofort in ihn verliebt."
"Für Claudia habe ich immer zu wenig getan"
Gemeinsam zog man nach Wien. Er war als Polizist integriert, sie vereinsamte, forderte Aufmerksamkeit von ihm. Für ihn aber funktionierte die Beziehung nicht: "Sie klammerte, kontrollierte mich", sagt er, "ich durfte nirgends hin, keine weiblichen Freunde oder Arbeitskollegen haben, meine Eltern nicht besuchen. Für Claudia habe ich immer zu wenig getan, zu wenig verdient, für sie hätte ich etwas Gescheites werden sollen."
Als Frau und Kind den Sommer 2016 in Kärnten verbrachten, suchte er im Internet nach Frauen. Er gab sich als getrennt lebender Vater aus und begann eine Affäre mit einer alleinerziehenden Frau - die er auch nicht beendete, als Claudia wieder schwanger wurde und wegen der Affäre Verdacht schöpfte.
Als "Zufluchtsort" beschreibt er "die andere Frau" jetzt: "Es war schön, einfach einmal nichts als abzuschalten." Doch die Auseinandersetzungen mit Claudia spitzten sich zu. "Ich war todunglücklich, überfordert", sagt er, "ich dachte, alles ist besser, als wie es jetzt ist."
"Genick brechen" und "Schussabgabe in Wohnung" gegoogelt
Wenige Tage vor der Tat suchte er im Internet nach Begriffen wie "Genick brechen" und "Schussabgabe in Wohnung", versuchte sie zu würgen und kaufte eine Axt und Müllsäcke: "Ich suchte irgendeinen Ausweg. Ich war so verzweifelt." Den Gedanken, Claudia zu töten, habe er gehabt, vorerst aber verworfen. Bei seiner Geliebten beschwerte er sich zunehmend über sie: "Alter, de verhaut mir mein Leben."
Da holte er seine Dienstwaffe nach Hause und tötete Claudia. "Es ist alles zusammengekommen, sie hat keine Ruhe gegeben. Ich wusste nicht mehr ein und aus. Heute weiß ich, dass es tausend andere Wege gegeben hätte."
"Ich war in einer Ausnahmesituation"
"Sie sind nach der Tat mit Ihrer Geliebten und den Kindern auf den Spielplatz gefahren. Die Geliebte sagt, sie hat nichts bemerkt. Sie müssen gefasst gewesen sein", sagt Richter Stefan Apostol. "Ich war in einer Ausnahmesituation, ich habe mich ganz auf Noah konzentriert", so Daniel. Dann musste auch der Kleine sterben: "Ich dachte, es wäre das Beste für ihn. Ich weiß, es ist verabscheuungswürdig. Ich hasse mich dafür." Die Leichen schaffte er dann in die Steiermark: "Ich wollte die beiden nicht alleine lassen, deshalb habe ich sie mit heim genommen."
Die Geschworenen entschieden einstimmig im Sinne der Anklage. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Verurteilte erbat sich drei Tage Bedenkzeit, Staatsanwältin Karina Fehringer verzichtete auf Rechtsmittel.
Sohn "besonders grausam" und "qualvoll erwürgt"
Erschwerend wurde das Zusammentreffen mehrerer Straftaten gewertet, führte der Vorsitzende des Schwurgerichts, Stefan Apostol, in seiner Urteilsbegründung aus. Zudem habe der 24-Jährige seinen Sohn Noah "besonders grausam" und "qualvoll erwürgt". Mildernd waren der bisher tadellose Lebenswandel und das reumütige Geständnis. Wenn dieses Urteil in Rechtskraft erwächst, bedeutet das für den suspendierten Polizisten der Amtsverlust. Zudem muss er der Familie die Begräbniskosten und einen Trauerschaden von insgesamt 70.000 Euro bezahlen.
Silvia Schober, Kronen Zeitung
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