Mit einem Knalleffekt hat der Salzburger Finanz-Prozess gegen Bürgermeister Heinz Schaden (65), Ex-Landesvize Othmar Raus, Ex-Finanzbeamtin Monika Rathgeber und vier weitere Angeklagte im Landesgericht Salzburg geendet: Alle Angeklagten wurden verurteilt, der amtierende Stadtchef wegen Beihilfe zur Untreue gar zu drei Jahren Haft, davon eines unbedingt. Die Rechtsvertreter aller Angeklagten außer von Rathgeber meldeten Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an. Der Verteidiger von Rathgeber bat um Bedenkzeit.
Auch alle sechs Mitangeklagten wurden verurteilt: Der jetzige Finanzdirektor der Stadt Salzburg, der zum Übertragungszeitpunkt der "Swaps" Mitarbeiter in der städtischen Finanzabteilung war, erhielt wie der Bürgermeister eine Strafe von drei Jahren, ein Jahr davon unbedingt. Ex-Landesfinanzreferent Othmar Raus (SPÖ) und Ex-Finanzabteilungsleiter Eduard Paulus bekamen jeweils zwei Jahre Haft, 18 Monate davon bedingt. Die damalige Budget-Referatsleiterin des Landes, Monika Rathgeber - sie hatte im Verfahren als einzige ihre Schuld eingestanden erhielt auf ihre bereits bestehenden Verurteilungen ein Jahr Zusatzstrafe bedingt. Ihr ehemaliger Mitarbeiter im Referat erhielt ebenfalls ein Jahr bedingt. Auch der damalige Sekretär des Bürgermeisters und heutige Magistratsdirektor der Stadt fasste ein Jahr bedingt aus.
Bürgermeister-Rücktritt am Montag?
Damit wurden erstmals auch Politiker strafrechtlich im Salzburger Finanzskandal zur Verantwortung gezogen. Schaden verweigerte nach dem Prozess jede Stellungnahme, erst am Montag will er Auskunft geben. Doch ein Rücktritt Schadens, der 25 Jahre die Geschicke der Stadt lenkte, scheint unausweichlich. Damit wird es in Salzburg zu Neuwahlen kommen müssen. Sollte das Urteil rechtskräftig werden, wird Schaden die Strafe wohl mit der Fußfessel verbüßen können.
Landes-Vize brach in Tränen aus
Emotional hatte der 20. und letzte Verhandlungstag im Salzburger Finanzprozess im Landesgericht Salzburg begonnen. Der amtierende Stadtchef betonte neuerlich, dass er zu keiner Zeit das Land Salzburg schädigen wollte, wie es ihm die Anklage vorwarf. Und sein Landes-Vize brach in Tränen aus.
"Anklage hat mich getroffen"
25 Jahre lang zog Schaden die Fäden in der Stadt - 19 davon als Bürgermeister. In der härtesten Stunde seiner Polit-Karriere bat er den Senat um einen Freispruch: "Das war kein Geheimnis oder eine Verschwörung. Es gab keine Schaden-Raus-Vereinbarung", betonte der einzige noch aktive Politiker unter den sieben Angeklagten. "Die Anklage hat mich getroffen und mitgenommen." Er habe jedenfalls nie gedacht, dass der Stadt oder dem Land damit Schaden zugefügt worden wäre. "Sonst hätte ich niemals zugestimmt", so Schaden.
Der sonst rhetorisch versierte und ruhige Ex-Politiker Raus hatte bei seinen Schlussworten Tränen in den Augen: Er und die Angeklagten seien "sicher keine Gauner oder Verbrecher". Über Details und Inhalte der Derivate habe er nie im Detail Bescheid gewusst, meinte der Ex-Finanzreferent des Landes. Er habe das Land "weder vorsätzlich noch absichtlich" schädigen wollen.
"Niemand steht über dem Gesetz"
Kritische Worte musste Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic hören: Raus unterstellte ihm Polemik und hätte sich mehr menschliches Gefühl erwartet. Zuvor hatte am Mittwoch der Ankläger teils unbedingte Haftstrafen, insbesondere für Schaden und Raus, gefordert: "Niemand steht über dem Gesetz, auch nicht politische Entscheidungsträger." Denn so würde keiner mit seinem Geld umgehen, warf Adamovic den Angeklagten vor. Für Rathgeber, Ex-Finanzbeamtin des Landes, forderte er aufgrund ihres Geständnisses nur eine bedingte Strafe.
Die Verhandlung lief seit dem 18. Juni. Der Vorwurf lautete auf Untreue. Es ging um sechs Zinstauschgeschäfte ("Swaps"), die die Stadt Ende 2007 dem Land ohne Gegenleistung - und zum Nachteil des Landes - übertragen hatte. Das ursprüngliche Ziel war eine Entlastung des Budgets. Doch die "Swaps" entwickelten sich negativ, weil die Finanzmärkte zu dieser Zeit nicht günstig standen. Die Deals wiesen einen negativen Barwert von ca. fünf Millionen Euro auf. Insgesamt ging es bei dem im Dezember 2012 aufgeflogenen Skandal um einen kolportierten Spekulationsschaden von rund 350 Millionen Euro.
M. Pichler, A. Lovric und P. Grotter, Kronen Zeitung/krone.at
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