In erster Instanz wurde die Auslieferung des ukrainischen Geschäftsmanns Dmytro Firtasch an die USA noch untersagt. Nun hat das Oberlandesgericht in Wien entschieden, dass der Oligarch an die US-Behörden ausgeliefert werden darf. Firtasch reagierte auf den Richterspruch am Dienstag mit stillem Entsetzen. Die endgültige Entscheidung ist durch den Justizminister zu treffen. Dem Ukrainer wird Bestechung vorgeworfen. Unmittelbar nach dem Richterspruch wurde Firtasch verhaftet - allerdings wegen eines anderen Haftbefehls.
Grundlage für die Verhaftung sei ein europäischer Haftbefehl aus Spanien, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Nina Bussek, der APA. Inhaltlich durfte sich Bussek zu dem Haftbefehl aufgrund seiner Herkunft nicht äußern. Dass die Festnahme gerade direkt nach dem OLG-Urteil erfolgte, liege der Sprecherin zufolge daran, dass bis zu diesem Zeitpunkt "ergänzende Informationen seitens der spanischen Behörden" gefehlt hätten. Laut der Madrider Tageszeitung "El Pais" ist in dem seit November 2016 vorliegenden Auslieferungsgesuch Spaniens gegen Firtasch von Geldwäsche und organisierter Kriminalität die Rede.
Politischer Hintergrund bei Auslieferungsgesuch vermutet
Bei der Verhandlung am OLG Wien ging es um Beamtenbestechung in Indien im Zusammenhang mit einem Deal, der die Vormachtstellung der USA auf dem Titan-Weltmarkt beenden könnte. Die USA brauchen aber das Leichtmetall für die Flug-, Raumfahrt- und Rüstungsindustrie. Seine Anwälte vermuten daher, dass der Haftbefehl einen politischen Hintergrund hat, denn in Indien wird dem Vernehmen nach gar nicht gegen Firtasch ermittelt. Wegen der Beteiligung von US-Banken und -Telekommunikationsfirmen bei Transaktionen bzw. Telefonate der Verhandlungspartner sind aber auch die USA involviert. Politisch gilt Firtasch als Freund Russlands, auch das war für die Anwaltsriege unter der Leitung von Dieter Böhmdorfer mit ein Grund, von "reiner politischen Agitation Amerikas" zu sprechen.
Anwalt: "Werden OLG-Entscheidung bekämpfen"
Durch die Auslieferung droht Firtasch nun nicht nur der wirtschaftliche Ruin, sondern auch lange Haft. Etwas, wovor Böhmdorfer noch eindringlich warnte: "Die USA wollen sein gesamtes Vermögen beschlagnahmen, etwas, das in Österreich undenkbar wäre", so Böhmdorfer. Er verwies auch auf die Causa Sholam Weiss - jener Versicherungsbetrüger, den Wien letztlich auslieferte und der in den USA 835 Jahre Haft (!) bekam: "Menschenrechte haben hier einen hohen Stellenwert, spielen aber in den USA eine untergeordnete Rolle. Ich sage nur 'America first' und die gerade schwelende Diskussion über die Wiedereinführung von Folter."
Böhmdorfer will nun die "erforderlichen Schritte setzen", um die Entscheidung des OLG zu bekämpfen - "sowohl in Österreich vor den dazu berufenen Gerichten als auch in Europa vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte", kündigte der Anwalt an.
Verluste in der Ukraine: Fernsehsender abgebrannt, Bank enteignet
Verloren hat Firtasch schon in der Ukraine: Sein Fernsehsender ging in Flammen auf, seine Bank wurde enteignet. Jetzt also die Auslieferung, die nur Justizminister Wolfgang Brandstetter stoppen könnte. Bei ihm liegt der eingeschränkte Letztentscheid bei Auslieferung betreffend Nicht-EU-Länder. So eine Entscheidung wäre ein Novum.
Silvia Schober, Kronen Zeitung/krone.at
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