"Er ist nicht dort gewesen, wo er hätte sein sollen", ließ Stangls Sprecher Willi Pichler wissen. Er habe sich seinen Gipfelsieg als Folge von Stress und Angst vor dem Versagen nur eingebildet, hieß es. "Er hat mir am Freitag davon erzählt, nachdem er am Donnerstag seine Freundin davon in Kenntnis setzte", sagte Pichler. Die Freundin war es auch, die zum Schritt an die Öffentlichkeit riet.
Flucht nach vorne
Nachdem sich die Gerüchte zunehmend verdichtet hatten, trat Stangl die Flucht nach vorne an und erläuterte bei einer Pressekonferenz in Wien (Fotos in der Infobox) seine Sicht der Dinge. "Ich war in einem tranceartigen Zustand und ich dachte, ich sei am höchsten Punkt des Berges", sagte der Steirer. Nach sieben Besteigungsversuchen in drei Sommern sei die Kombination aus körperlicher Existenzangst und Furcht vor dem Versagen ausschlaggebend gewesen, dass sich sein Bewusstsein derart verändert habe. Er hätte in den vergangenen Jahren viel mit Visualisierungsprozessen gearbeitet. "Ich habe mir Bilder aufgebaut, wo ich mich selbst bereits am Ziel gesehen habe", sagte der Extremsportler.
Die Meinung der Südtiroler Bergsteiger-Legende Reinhold Messner zu Stangl kannst du in der Infobox nachlesen!
"Ich habe nicht bewusst diesen Blödsinn gemacht, aber es ist schwer vorstellbar, wie sich das Bewusstsein in dieser Situation verändert", sagte der 44-Jährige. Der Druck, den höchsten Punkt zu erreichen, sei allerdings nicht von Sponsoren gekommen, die er von dem Vorfall bereits in Kenntnis gesetzt habe und die noch immer hinter ihm stünden, sondern von ihm selbst. "Als Sportler will man Leistungen erreichen", sagte er.
Der K2 habe ihn gar nicht so interessiert, aber um die "14 Seven Summits", die sieben höchsten und die sieben zweithöchsten Berge aller Kontinente, als erster Mensch zu besteigen, "brauchte ich den Berg einfach". Die Besteigung des K2 mache keine Freude, aus der Nähe sei er kein schöner Berg mehr, sondern nur noch ein Trümmerhaufen.
Neben dem K2 würde Stangl für die Erreichung seines Ziels noch der 4.852 Meter hohe Mount Tyree in der Antarktis fehlen, der als K2 des südlichsten Kontinents der Erde gilt. Den wollte der Steirer Ende dieses Jahres in Angriff nehmen. Ob er das auch tut, steht noch nicht fest. Auch ein nochmaliger Versuch am K2 ist noch unsicher. Die anderen höchsten und zweithöchsten Berge aller Kontinente hat er laut eigenen Angaben aber bezwungen. Andere Personen könnten dies auch bezeugen.
Ruf als Bergsteiger für immer ruiniert
Wie sein Leben nun aber weitergehen soll, weiß Stangl noch nicht. "Ich werde mir eine Auszeit nehmen müssen, um zu erforschen, wo ich in der Welt stehe", so der Steirer. "Wenn der Faktor Berg in meinem Leben wegfällt, bleibt fast nichts mehr", erklärte Stangl. "Die Sinnfrage habe ich mir jetzt speziell gestellt."
Alpinisten zweifeln schon länger
In Alpinistenkreisen kursierten schon länger Zweifel über den "Gipfelsieg". Der kasachische Spitzenbergsteiger Maksut Zhumayev, der zeitgleich mit Stangl am K2 unterwegs war, legte dar, dass Stangl zu dem von ihm angegebenen Zeitpunkt nicht am Gipfel hatte sein können. Entsprechende Spuren im Eis hätten gefehlt und die Eispickel seien nicht benutzt worden. Aus einem Vergleich mit eigenen Bildern kam Zhumayev zu dem Schluss, dass das angebliche Gipfelbild Stangls in einer Höhe von rund 7.400 Metern aufgenommen worden sein dürfte.
Auch an Stangls Rechtfertigung, er sei in einem "tranceartigen Bewusstseinszustand" gewesen und hätte sich "eingebildet", auf dem Gipfel zu stehen, äußerte Zhumayev Zweifel. Stangl, glaubt er, sei am betreffenden Tag gar nicht bis auf 7.500 Meter aufgestiegen, sondern habe zwei Nächte im vorgeschobenen Basislager verbracht und sei dann wieder abgestiegen.
Auch Koreanerin fälschte Foto
Ähnliche Vorwürfe gab es bereits gegen die Südkoreanerin Oh Eun Sun. Sie behauptet, als erste Frau der Welt alle Achttausender bezwungen zu haben. Der südkoreanische Bergsteigerverband teilte Ende August mit, dass die vorgelegten Fotos vom Gipfel des Kanchenjunga nicht mit dem richtigen Hintergrund übereinstimmten.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.