Meine Geschichte

Gerettete Wirtin: “Wieso hast du das getan?”

Österreich
26.10.2016 16:52

Nach dem Tod von Ulrikes Mann soll ihr Gasthof versteigert werden. Dann verliebt sich ausgerechnet ein Wirt in sie. Das Protokoll einer Frau, die ihren Retter traf.

Liebe und Leid, Schmerz, Hoffnung und ein charmanter Prinz, durch den sich alles zum Guten wendet: Meine Geschichte könnte es problemlos mit einem Film à la Rosamunde Pilcher aufnehmen. Nur eben, dass nichts davon erfunden ist.

Als das Schicksal zugeschlagen hat, war ich am Höhepunkt meiner Schaffenskraft: Ich war die Wirtin vom Gasthof Zur weißen Rose im Weinviertel. Mein Mann Günter hat die Küche organisiert und ich den Service. Unsere Töchter waren noch Teenager und gingen unbekümmert durchs Leben. Alles schien perfekt. Wie man sich oft täuschen kann.

Knapp vor der Versteigerung gerettet: Der Gasthof Zur weißen Rose in Niederösterreich (Bild: Martin A. Jöchl)
Knapp vor der Versteigerung gerettet: Der Gasthof Zur weißen Rose in Niederösterreich

Ehemann an Leukämie erkrankt
Von einem Tag auf den anderen ging alles nur noch bergab. Günter war bei einer Routineuntersuchung beim Hausarzt gewesen. Dabei wurde Leukämie entdeckt. Zunächst haben wir gekämpft und versucht, die Krankheit zu besiegen. Aber am Ende haben wir alle verloren.

Mit erst 46 Jahren war ich Witwe geworden - und stand alleine mit einem Gasthof da. Und das nicht gut. Unsere familiäre Ausnahmesituation hatte ihre Spuren in den Geschäftsbüchern hinterlassen. Ich war finanziell am Ende.

Ulrike mit ihrem 2008 verstorbenen Mann und den Töchtern (Bild: Martin A. Jöchl)
Ulrike mit ihrem 2008 verstorbenen Mann und den Töchtern

Bank riss der Geduldsfaden
Trotzdem versuchte ich mich noch ein Jahr lang über Wasser zu halten. Bis der Bank der Geduldsfaden gerissen ist. Der Versteigerungstermin wurde schließlich auf 13. November 2009 angesetzt. Das Einzige, was mir noch Halt gegeben hätte, sollte mir auch noch genommen werden.

Dann kam diese Feier. Drei Wochen vor der Versteigerung. Eine Freundin wollte, dass ich endlich wieder unter Leute gehe. Also bin ich ihr zuliebe nach Wien gefahren. In ein Lokal. Ich war viel zu früh dran und habe mich an einen Tisch gesetzt.

Die Wirtin mit ihrem Lieblingsuch, "Der fünfte Berg" von Paolo Coelho (Bild: Martin A. Jöchl)
Die Wirtin mit ihrem Lieblingsuch, "Der fünfte Berg" von Paolo Coelho

Waren uns auf Anhieb sympathisch
Während ich gewartet habe, hat mir der Wirt Gesellschaft geleistet. Er wollte nicht, dass eine Frau so alleine herumsitzt, sagt er heute. Wir waren uns auf Anhieb sympathisch. Den ganzen Abend lang kam er immer mal wieder zu mir. Gegen Mitternacht war ich es dann, die ihn nach einem Wiedersehen gefragt hat. Wir trafen uns zwei Tage später. Da küssten wir uns zum ersten Mal.

Dass ich selbst Wirtin bin, wusste er. Von der Versteigerung habe ich ihm erst später erzählt. Damals hat er nachdenklich gewirkt. Aber zur Situation gesagt hat er nicht viel. Zwei Tage vor der Versteigerung dann der Knaller: Der Termin war abgesagt worden.

"Krone"-Reporterin Brigitte Quint (re.) mit Ulrike und Rupert (Bild: Martin A. Jöchl)
"Krone"-Reporterin Brigitte Quint (re.) mit Ulrike und Rupert

Jemand hatte Schulden übernommen
Jemand hatte meine Schulden, 200.000 Euro, übernommen. Dieser Jemand war Rupert gewesen. "Warum hast du das getan?", fragte ich ihn am Abend. Er hat geantwortet: "Ich habe gespürt, dass ich schnell handeln muss." Das war vor sieben Jahren. Seither sind wir ein Paar. An Ruperts Güte hat sich bis heute nichts geändert. Einen Unterschied zum Herzkino gibt es trotzdem: Das Happy End war erst der Anfang von unserer Geschichte.

TIPPS UND INFOS

  • Wirtesterben: Seit 1998 mussten 38 Prozent aller Gasthäuser in Österreich zusperren. Besonders dramatisch ist die Situation für Wirte auf dem Land.
  • Wissenschaft: Nur eine Zehntelsekunde braucht das Gehirn, um ein Urteil über einen potenziellen Partner zu fällen. Forscher schätzen, dass das Gehirn mit einer Art "Werkzeugkoffer" für das Erfassen von Vertrauenswürdigkeit ausgestattet ist.
  • Historie: Die alten Römer erließen ein Gesetz, das es einer Witwe verbot, eine neue Beziehung einzugehen, bevor sie nicht mindestens zehn Monate um ihren Mann getrauert hatte.
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