Betreuer in Gefahr

Gewalt in den Asylheimen: Erstmals konkrete Fakten

Österreich
03.04.2017 10:53

Betreuungspersonal, das in Asylwerberheimen arbeitet, ist häufig gefährlichen Situationen ausgesetzt. Erstmals gibt es konkrete Zahlen zu Übergriffen auf Betreuer in Flüchtlingsheimen in ganz Österreich. In einer Anfragebeantwortung durch das Innenministerium werden 49 strafrechtlich relevante Zwischenfälle für das Jahr 2016 aufgelistet - darunter Tötungsdrohungen, Gewaltausbrüche, aber auch Stalking und Vandalismus. Zugleich wurden 2016 auch 49 Angriffe auf Asylunterkünfte verzeichnet. Hier ist die Tendenz steigend.

Häufig geraten Flüchtlingshelfer zwischen die Fronten, wenn es zu verbalen Auseinandersetzungen bzw. Handgreiflichkeiten zwischen Asylwerbern kommt. Dabei kommen auch teilweise verbotene Waffen zum Einsatz, wie aus den Unterlagen des Innenministeriums hervorgeht. In einem Fall wird ein Elektroschocker genannt, in einem anderen eine japanische Schlagwaffe. Neben verletzten Betreuern fordert mancher Einsatz auch das Einschreiten der Polizei.

(Bild: BMI)
(Bild: BMI)
(Bild: BMI)

Personal beklagt "allgemein sehr hohe Spannungen"
Während eines Einsatzes im November des Vorjahres in einer Unterkunft in Niederösterreich verletzte ein tobender Asylwerber drei Polizisten. In derselben Unterkunft war es wenige Monate zuvor zu einer Massenschlägerei unter den Bewohnern gekommen. Dort herrschen laut den Angestellten "allgemein sehr hohe Spannungen", wie in der Anfragebeantwortung zitiert wird.

Asylwerber drohte: "Ich werde dich umbringen"
In Linz wurde im Jänner des Vorjahres eine Betreuerin, die lediglich auf die Hausordnung hinwies, mit folgenden Worten bedroht: "Ich werde dich töten." In derselben Wohnstätte drohte ein minderjähriger Flüchtling einem Betreuer mit dem Kopfabschneiden.

Opfer einer Sexattacke wurde im Juni eine Helferin in Bad Hall (OÖ). Ein betrunkener Asylwerber klatterte damals über einen Balkon in das Büro der Frau. Dort bedrohte der Mann die Betreuerin mit einem zerbrochenen Trinkglas, packte sie im Halsbereich, drängte sie in eine Ecke und berührte sie unsittlich. Die Angegriffene konnte sich losreißen und flüchten.

Unbegleitete Minderjährige sind häufig Täter
Auffällig sei, dass 20 der 49 aufgelisteten Fälle Minderjährige betreffen, so Grünen-Justizsprecher Albert Steinhauser, der die Anfrage gemeinsam mit anderen Parteifreunden an Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) gestellt hat. "Man muss sich genau anschauen, was die Ursachen sind", so der Justizsprecher. "Wir vermuten stark, dass Traumatisierungen, Kriegs- und extreme Gewalterfahrungen eine Rolle spielen." Bei den unbegleiteten Minderjährigen komme der Verlust der Familie, aber wohl auch das Faktum der Pubertät hinzu. Auf jeden Fall müsse die psychologische Betreuung verbessert werden.

Grünen-Klubchef Albert Steinhauser (Bild: APA/HERBERT NEUBAUER)
Grünen-Klubchef Albert Steinhauser

Aufgrund der Zahlen zu behaupten, dass alle Flüchtlinge Kriminelle seien, sei jedenfalls der falsche Schluss, sagte Steinhauser und verwies auf die Relation der rund 50 angezeigten Übergriffe zu den Zehntausenden Flüchtlingsankünften in Österreich im Vorjahr.

Zahl der Angriffe auf Asylunterkünfte steigt
Die Grünen wollten von Innenminister Sobotka auch wissen, wie viele Angriffe auf Asylunterkünfte sich im Jahr 2016 ereignet hatten. Auch hier werden 49 Straftaten aufgelistet. Die Bandbreite der Taten gegen Unterkünfte reicht von Schmieraktionen, Paintballbeschuss oder Steinwürfen bis hin zur Brandstiftung, dem Aufschneiden von Gasschläuchen und dem Werfen von Molotowcocktails. Laut Steinhauser hat sich die Zahl der Angriffe auf Unterkünfte nahezu verdoppelt.

Rußspuren an der Wand des Asylheims in Himberg (NÖ) (Bild: Imre Antal)
Rußspuren an der Wand des Asylheims in Himberg (NÖ)

Grüne beklagen geringe Aufklärungsquote
Beunruhigend sei, dass in nur wenigen Fällen der oder die Täter ausgeforscht werden konnten. Bei 77 Prozent seien sie unbekannt. In der Aufklärungsquote stecke aber die Prävention der Zukunft. "Das wichtigste ist, dass das Innenministerium diese Delikte ernst nimmt und alle Anstrengungen unternimmt, die Täter auszuforschen. Das sind nicht Lausbubenstreiche, das muss klar sein", so Steinhauser. Niemand wolle eine Situation wie in Deutschland, wo es zuletzt rund 900 entsprechende Delikte gegeben habe.

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