Ihre neue Kolumne

Katia Wagner: Die Grünen. Ein Nachruf

Österreich
28.06.2017 06:01

Temperamentvoll, klug, durchsetzungsstark und noch dazu bildhübsch: Ab sofort schreibt die 29-jährige Wiener Unternehmerin und Social-Media-Expertin Katia Wagner für krone.at. Ihre zweite Kolumne trägt den Titel "Die Grünen. Ein Nachruf".

Bei meinen ersten Nationalratswahlen 2006 habe ich grün gewählt. Es soll das erste (und letzte) Mal gewesen sein. Als junge Studentin war es mir wichtig, ein Zeichen gegen das Establishment zu setzen. Die Grünen waren antireaktionär, mit einem professoralen Alexander Van der Bellen an der Spitze, und sie verteilten tolle Pocket-Flaschenöffner vor der Hauptuni. Genügend Gründe für mich und viele meiner Mitstudenten, grün zu wählen.

2006 erreichten sie bei den Nationalratswahlen elf Prozent. Seither hat sich bei den Grünen einiges getan: Der ehemalige Spitzenkandidat Van der Bellen ist nun Bundespräsident und fällt hauptsächlich durch wirre Aussagen rund um das Burkaverbot auf. Seine Nachfolgerin, Eva Glawischnig, ist nach dem Absägen der Jungen Grünen nach acht Jahren unter Tränen zurückgetreten. Seit Sonntag steht fest, dass nun das nächste grüne Urgestein in die Polit-Pension geschickt wird: Peter Pilz wird nach 31 langen Dienstjahren durch Oko-Schönling Julian Schmid ersetzt.

"Liebe Grüße aus Mallorca", nennt Julian Schmid sein Badehosen-Foto auf seiner Facebook-Seite. (Bild: facebook.com/Julian Schmid)
"Liebe Grüße aus Mallorca", nennt Julian Schmid sein Badehosen-Foto auf seiner Facebook-Seite.

Oben-ohne-Fotos statt Untersuchungsausschuss
Der grüne Poster-Boy Julian Schmid wurde vor allem für seinen Kaputzenpulli-Style im Nationalrat und seine (durchaus ansehnlichen) Oben-ohne-Urlaubsfotos bekannt. Erst kürzlich startete er seine Aktion "Schnupper-Lehre", im Rahmen derer er für ganze sechs Wochen (!) als Lehrling beim Friseur, auf der Baustelle und im Hotel schnuppern will.

Paris Hilton erzählte 2003 zum Start der Erfolgssoap "The Simple Life", in der sie in verschiedenen Alltagssituationen ohne den gewohnten Luxus auskommen musste, dass sie "hautnah das einfache Leben" kennenlernen möchte. Auch die österreichische Antwort auf Paris Hilton gab an, er möchte "hautnah spüren, was eine Lehre heute bedeutet", und dass sich "ein Politiker ständig updaten sollte". Ob er für dieses "hautnahe" Lehrlingserlebnis auch auf seine 8756 Euro Nationalratsabgeordnetengehalt verzichtet und "hautnah" einen Monat versucht, mit nur 470 Euro Lehrlingsentschädigung im Monat zu leben, darf bezweifelt werden. Dieses politische "Update" wäre dann doch zu viel an Realität.

Julian Schmid wurde auf Platz vier der Liste für die Nationalratswahl gewählt - statt Peter Pilz. (Bild: APA, krone.at-Grafik)
Julian Schmid wurde auf Platz vier der Liste für die Nationalratswahl gewählt - statt Peter Pilz.

Mister Untersuchungsausschuss Peter Pilz wird also nun 2017 durch den grünen Justin Bieber ersetzt. Man mag zu Pilz stehen, wie man möchte, aber die Speerspitze der Korruptionsbekämpfung gegen ein politisches Leichtgewicht wie Julian Schmid zu tauschen, ist ein gewagter Schachzug. Sollte der Eurofighter-Untersuchungsausschuss tatsächlich einen Korruptionsskandal zutage bringen, steht das Verdienst, das Peter Pilz in dieser Causa hatte, auf seinem politischen Grabstein. Die Grünen würden diesen Erfolg jedenfalls nicht wahlkampftechnisch nützen können.

Quo vadis, Grüne?
Es wäre den Grünen zu wünschen, dass die Strategie hinter dem Tausch eine Verjüngungskur ist, um dem Umfragekönig Sebastian Kurz einen frischen Gegenpol bieten zu können. Leider ist aber anzunehmen, dass nur pure Planlosigkeit dahintersteht. Letztendlich müssen wohl die GrünInnen darauf hoffen, dass man sie aus Mitleid wählt.

Ulrike Lunaceks (für alle, die noch nie etwas von ihr gehört haben: die grüne Spitzenkandidatin) einzige Attribute "Anti-FPÖ" und "Frau" werden wohl für viele Wähler nicht ausreichen. Ein politisches Harakiri.

Dass die Grünen 2017 wie bei der Nationalratswahl 2006 elf Prozent der Wähler ansprechen können, ist mehr als unwahrscheinlich. Die SPÖ dürfte angesichts des potenziellen Wählerzuwachses die Sektkorken knallen lassen. Es sei denn, Pilz erwägt eine Bewegung à la "Liste Peter Pilz - die neuen Grünen".

Katia Wagner

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