Schwere Vorwürfe gegen das medizinische Personal einer niederösterreichischen Justizanstalt hatte es nach dem Tod eines 55-jährigen Häftlings im Vorjahr gegeben. Der Mann starb an den Folgen einer schweren Bauchspeicheldrüsenentzündung. Ein von der Staatsanwaltschaft Wien beigezogener Sachverständiger kommt zu dem Schluss, dass Fremdverschulden ausgeschlossen werden kann. Trotz der Intensivtherapie habe der Patient nur eine geringe Überlebenschance gehabt. Das Verfahren wegen des Verdachts auf fahrlässige Tötung dürfte damit vor der Einstellung stehen.
Der Häftling war am 1. Dezember 2016 zur operativen Behebung eines Hodenbruchs in ein Wiener Spital überstellt worden. Am 2. Dezember verschlechterte sich kurz vor dem geplanten Eingriff sein Gesundheitszustand plötzlich, er musste reanimiert und auf die Intensivstation verlegt werden, wo ein Venenkatheter gesetzt wurde. Nach einer Stoffwechselentgleisung zeigten sich erhöhte Leber- und Pankreaswerte, eine Computertomografie wies schließlich eine ausgeprägte Bauchspeicheldrüsenentzündung nach. Am Morgen des 6. Dezember trat schließlich der Herz-Kreislauf-Stillstand ein.
"Wie durch einen Blitz kommt es zu Gewebezerfall"
Der Gutachter sollte klären, ob diese Erkrankung vorhersehbar bzw. abwendbar war und ob der Mann in der Justizanstalt Hirtenberg sorgfältig betreut und nach seiner Überstellung ins Krankenhaus lege artis, also vorschriftsmäßig, behandelt wurde. Den nunmehr vorliegenden Feststellungen des Chirurgen Michael Rogy zufolge nahm die Bauchspeicheldrüsenentzündung einen fulminanten, plötzlich einsetzenden und Gewebe zerfallenden Verlauf. "Bei dieser Verlaufsform kommt es wie durch einen Blitz zum Gewebezerfall der Bauchspeicheldrüse und zur Freisetzung von hochaktiven Mediatoren, die innerhalb weniger Stunden das Vollbild eines Multiorganversagens initiieren", ist der Sachverständigen-Expertise zu entnehmen.
"Betreuung sorgfaltskonform"
Obwohl beim betroffenen Häftling umgehend eine Intensivtherapie eingeleitet wurde, hatte er nur eine geringe Überlebenschance. Sie lag bei maximal 20 Prozent. Dass es zum Tod kam, ist nach Ansicht des Sachverständigen niemandem vorwerfbar: "Die Betreuung in der Justizanstalt Hirtenberg wie auch die Behandlung im Krankenhaus waren sorgfaltskonform und lege artis." Der Patient wäre auch an einem anderen Ort vermutlich nicht zu retten gewesen, betont der Gutachter.
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