SPÖ-Bundesparteirat

Kern kampflustig, Häupl warnt vor Schwarz-Blau

Österreich
03.08.2017 18:00

Bei brütender Hitze hat die SPÖ beim Bundesparteirat am Donnerstag die Weichen für die Wahl am 15. Oktober gestellt - durchaus passend, befand Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler in seiner Begrüßung, werde es doch "der heißeste Wahlkampf". Bundeskanzler Christian Kern versuchte, trotz interner Turbulenzen und bescheidener Umfragewerte, seine Genossen zu motivieren. "Ich werde kämpfen", gab er sich zuversichtlich. Wiens Bürgermeister Michael Häupl warnte vor ÖVP-Newcomer Sebastian Kurz und einer Neuauflage von Schwarz-Blau: "Das ist eine Horrorvision!"

344 ordentliche Delegierte und 300 Gäste waren am Donnerstagnachmittag in die Messe Wien gekommen, um dem zweithöchsten Gremium der SPÖ beizuwohnen. Im Saal prangte, gerichtet an die "Österreicherinnen und Österreicher", der Slogan "Holen Sie sich, was Ihnen zusteht". Parteivorsitzender Kern holte sich beim Einzug - begleitet von seiner Frau und Parteiprominenz zum Justin Timberlake-Hit "Can't stop the feeling" - zunächst wie bei derartigen Parteiinszenierungen üblich eine Portion Applaus, bevor der Mini-Parteitag im gut gekühlten Saal losging.

(Bild: APA/ROLAND SCHLAGER)

Häupl schießt sich auf Kurz ein
Zum Auftakt warf Bürgermeister Häupl ÖVP-Chef Sebastian Kurz vor, in den Wahlkampf zu ziehen und den Anspruch zu stellen, Bundeskanzler der Republik zu werden, inhaltlich aber nichts zu sagen zu haben. "Ich habe noch nichts gehört zu wesentlichen Fragen der österreichischen Innenpolitik", sagte Häupl. Egal ob Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik, Gesundheitspolitik, Bildungspolitik, Universitätspolitik oder Forschungspolitik, von Kurz sei nichts zu hören. "Was sagen Sie dazu, Herr Bundesminister? Gar nichts, kein einziges Thema, mit dem er sich jemals beschäftigt hat", so Häupl.

Nur vom Schließen der Mittelmeerroute habe man bisher gehört. "Das ist seine Hackn, er soll's tun", meinte Häupl in Richtung Kurz. Für Meldungen, wonach Kurz das Wahlprogramm der ÖVP erst Ende September, also kurz vor der Wahl am 15. Oktober präsentieren würde, hatte der Wiener Bürgermeister nur Häme übrig. "Na super. Ich hab schon eine bessere Verarsche gehört. Ich bin dafür, dass das Wahlprogramm der ÖVP am 16. Oktober veröffentlicht wird, da is Zeit gnua."

(Bild: SPÖ/Johannes Zinner)

"Schwarz-Blau ist eine Horrorvision"
Häupl erinnerte auch an Kurz' Zeit im Wiener Gemeinderat. Die einzige Leistung, die der ÖVP-Spitzenkandidat dort erbracht habe, sei die Frage an ihn, Häupl, gewesen, warum nur Alte und nicht auch Junge Orden bekommen können. "Ich habe ihm gesagt, Junge sei ma net bös, aber wie ich 24 war, hab ich andere Sorgen wia an Orden ghobt." Häupl betonte, eine schwarz-blaue Regierung mit Bundeskanzler Kurz und einem Vizekanzler Strache sei eine "Horrorvision", dagegen seien die sechs Jahre Schwarz-Blau Anfang der 2000er-Jahre ein "Schmarren". "Kurz-Strache - nein, danke. Es muss Kern Bundeskanzler bleiben."

Kern: "Unsere Idee hat eine stolze Geschichte"
Danach betrat Kern das Rednerpodium und zeigte sich gegenüber der ÖVP durchaus angriffslustig, etwa mit Kritik an deren Großspendern. "Die Förderer öffnen nicht ihre Herzen, sondern ihre Geldbörsen", aber hinter der "Fassade" gehe es immer um ganz konkrete Interessen, warnte er. Die SPÖ brauche kein "Popstar-Casting" für die Wahllisten und müsse sich auch nicht als neu darstellen. "Wir sind nämlich nicht neu - im Gegenteil, unsere Idee hat eine stolze Geschichte", nämlich "dass alle Menschen gleich viel wert sind" und "alle das Recht haben auf ein gutes Leben".

(Bild: SPÖ/Johannes Zinner)

"Wer diesen Kampf nicht führen will, soll es jetzt sagen"
Die Kritiker in den eigenen Reihen ließ der Kanzler wissen: "Wer diesen Kampf nicht führen will, der soll es jetzt sagen." Unter tosendem Applaus betonte Kern: "Ich werde kämpfen." Gemäß dem Kampagnenslogan bekräftigte er: "Es ist an der Zeit, dass die Menschen in diesem Land bekommen, was ihnen zusteht."

Die roten Funktionäre sollten die nächsten Wochen jeden einzelnen Tag dafür nützen, "eine einzige Botschaft unter die Leute zu bringen: Holt euch, was euch zusteht." Die Wahlkämpfer sollen bei Arbeitern, Studenten, Frauen, Pensionisten, Lehrlingen und Unternehmern dafür werben, so Kern. "Geht zu allen Menschen dieses Landes, die sich so schwertun, über die Runden kommen, während andere sich die Taschen vollstopfen", gab er sich klassenkämpferisch.

Christian Kern: Plötzlich auf Aufholjagd (Bild: APA/ROLAND SCHLAGER)
Christian Kern: Plötzlich auf Aufholjagd

Listen mit großer Mehrheit abgesegnet
Anschließend wurden das Wahlprogramm der Sozialdemokraten einstimmig und die Bundesliste mit 92,66 Prozent abgesegnet. Für die Wahlkreis- und Landeslisten gab es 94,76 Prozent Zustimmung. Kern zeigte sich nach dem Parteirat erfreut über die Aufbruchsstimmung unter den Genossinnen und Genossen.

Die SPÖ-Bundesliste für die Nationalratswahl am 15. Oktober wird von Kern angeführt. Hinter Kern ist mit Gesundheits- und Frauenministerin Pamela Rendi-Wagner eine Quereinsteigerin gereiht, die auch im Wahlkampf eine große Rolle spielen soll. Platz drei auf der Bundesliste ist für FSG- und GPA-Chef Wolfgang Katzian vorgesehen, es folgen Frauenchefin Gabriele Heinisch-Hosek auf Platz vier, Kulturminister Thomas Drozda auf Platz fünf, Nationalratspräsidentin Doris Bures auf Platz sechs, Klubchef Andreas Schieder auf Platz sieben, Staatssekretärin Muna Duzdar auf Platz acht, Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler auf Platz neun und die erst 29-jährige Altmünsterer Bürgermeisterin Elisabeth Feichtinger auf Platz zehn.

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