Wer die Politserie "House of Cards" als zu fantasiereich erachtet, wird derzeit von der Realität eines Besseren belehrt: Recht offenherzig gab Medienmanager Gerhard Zeiler am Donnerstagabend in der "ZiB 2" im ORF zu, bereits seit einem Jahr gemeinsam mit dem designierten SPÖ-Chef und Bundeskanzler Christian Kern die Ablöse von Werner Faymann vorbereitet zu haben. "Wir hatten beide eine Rolle zu spielen und waren uns einig, dass eine personelle Veränderung innerhalb der SPÖ notwendig ist", sagte Zeiler. Und er verriet, dass er mit Kern vor einigen Monaten die Vereinbarung getroffen habe, den jeweils anderen zu unterstützen, sollte dieser einmal an der Spitze der Partei stehen.
Laut eigener Darstellung wäre Zeiler beim SPÖ-Bundesparteitag als Gegenkandidat angetreten, hätte sich Faymann noch einmal der Wahl gestellt. Das sei nun nicht mehr notwendig.
Zeiler stichelt gegen Faymann
"Wie ich sind viele in der SPÖ seit einiger Zeit der Meinung, dass die Partei eine inhaltliche und personelle Veränderung braucht. Ohne diesen Neustart würde nicht nur die SPÖ, sondern auch das Land leiden", so Zeiler. Einen Seitenhieb auf Faymann konnte er sich auch nicht verkneifen: "Wenn man als Fußballtrainer so viele Spiele verliert und das Vertrauen der eigenen Mannschaft nicht mehr hat, kann man diese auch nicht mehr zum Erfolg führen."
"Für SPÖ wichtig, dass Einigkeit herrscht"
Zeiler, der sich im Vorjahr selbst als Faymann-Nachfolger in Spiel gebracht hatte, verriet auch, dass er schon seit einem Jahr mit Kern in Kontakt stehe. Dieser werde ein sehr guter Bundeskanzler und SPÖ-Parteiobmann sein, sagte der frühere ORF-Intendant, und er werde ihn voll unterstützen. Es sei gut, dass Kern die Unterstützung der Partei habe, denn es sei für die SPÖ wichtig, dass Einigkeit herrsche.
Ganz egal was Kern brauche, er werde es von ihm bekommen, hatte Zeiler zuvor schon der Tageszeitung "Presse" gesagt und ausgeführt: "Beratung, meine Sicht und auch die ungeschminkte Wahrheit."
Der SPÖ-Parteibeschluss, auf Bundesebene auf keinen Fall eine Koalition mit der FPÖ einzugehen, sei seiner Meinung nach falsch, sagte Zeiler. Allerdings müsse mit den Freiheitlichen im Fall der Fälle das Thema EU besprochen werden. "Wenn wir aus der EU und in der Folge aus dem Euro austreten, dann wäre das ein großer Schaden für unser Land. Ausgrenzen nein, aber klar abgrenzen ja", so Zeiler.
Auf die Bundespräsidentenwahl angesprochen sagte Zeiler, er werde Alexander Van der Bellen wählen, weil er glaube, dass das höchste Amt im Staat jemand innehaben solle, der eine gewisse Lebenserfahrung hat.
SPÖ bestimmt ÖBB-Manager Kern zu ihrem Chef
Nach Aussagen seines Sprechers hatte Zeiler am Donnerstagvormittag dem interimistischen SPÖ-Vorsitzenden und Wiener Bürgermeister Michael Häupl bei einem Treffen gesagt, dass er für eine Kampfkandidatur gegen ÖBB-Chef Kern nicht zur Verfügung stehe. Damit ist Kern wohl der einzige verbleibende Kandidat für den SPÖ-Vorsitz.
Der bisherige ÖBB-Chef dürfte damit - das Einverständnis der ÖVP vorausgesetzt - auch zum Bundeskanzler aufsteigen. Beide Funktionen hatte Faymann zu Wochenbeginn zurückgelegt. Hinter Kern stehen mittlerweile alle Länderorganisationen sowie die sozialdemokratischen Gewerkschafter. Offiziell als Kandidat für den Parteivorsitz nominiert werden soll der 50-Jährige in einem Parteivorstand am Dienstag.
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