Büro des Außenministers - wenige Stunden vor der Entscheidung, ob Sebastian Kurz neuer ÖVP-Chef wird und damit ins Rennen um die Kanzlerschaft geht. Vor wenigen Augenblicken hat er den ÖVP-Granden seine harten Bedingungen für die Machtübernahme der Partei übermittelt. Trotzdem ist Kurz fast so locker drauf wie immer. Fast: Er weiß, dass er hoch pokert - und bei einem Scheitern seiner Pläne tief fallen könnte. Was will er machen, wenn er scheitert?
"Krone": Das schwarze Loch, vulgo ÖVP, verbraucht im Schnitt alle zweieinhalb Jahre einen Obmann. Gerade zum Muttertag: Macht sich Ihre Mutter keine Sorgen, dass Sie im Herbst 2019 nicht mehr ÖVP-Chef sein werden?
Sebastian Kurz: Meine Mutter hatte von Anfang an nicht viel Freude, dass ich in die Politik gehe. Mittlerweile hat sie sich daran gewöhnt. Wenn sie sich Sorgen gemacht hat, dann vor vielen Jahren - als ich mit nur 24 Jahren Staatssekretär wurde.
Sie haben Ihrer Partei harte Bedingungen gestellt. Was, wenn Sie am Sonntag keine Mehrheit in der ÖVP finden?
Dann stehe ich meiner Partei nicht mehr zur Verfügung.
Das heißt: alles oder nichts?
Ja, das heißt es!
Warum setzen Sie auf eine Bewegung wie die "Liste Kurz" und nicht auf die Partei?
Das gilt nicht nur für die ÖVP, sondern generell für alle politischen Parteien: Die Parteien müssen die besten Köpfe zulassen - ganz gleich, ob sie ein Parteibuch haben oder nicht und aus welchem Bundesland sie kommen. Das ist mein Politikverständnis.
Ob Bewegung oder Partei - Sie werden einen Koalitionspartner brauchen.
Es ist jetzt nicht der Zeitpunkt, um über Koalitionsvarianten nachzudenken. Es sollte endlich der Wähler entscheiden, in welche Richtung er das Land verändern möchte. Ich glaube jeder, der sich politisch engagiert - ob Christian Kern oder Heinz-Christian Strache oder all die anderen - will etwas verändern.
Eine Zusammenarbeit mit dem Kanzler schließen Sie nicht aus?
Ich schließe gar nichts aus.
Was können Sie besser als der derzeitige Bundeskanzler?
Es geht nicht darum, andere schlecht zu machen oder so zu tun, als wäre man besser. Jeder Mensch ist eine individuelle Persönlichkeit - und Politiker haben eben unterschiedliche Vorstellungen, in welche Richtung sie ein Land verändern wollen.
Warum pochen Sie so sehr auf eine vorgezogene Nationalratswahl?
Ich bin ein Freund der Klarheit. Ich habe es mir diese Woche wirklich nicht leicht gemacht und die Entscheidung, für eine Neuwahl einzutreten, aus keiner Emotion heraus getroffen, sondern lange nachgedacht: Es ist absolut richtig für das Land, wenn die Bevölkerung eine Entscheidung treffen kann und der Dauerwahlkampf, den wir in den letzten Monaten erlebt haben, nicht noch ein Jahr lang fortgesetzt wird.
Gibt es schon das Wahlkampfplakat mit Sebastian Kurz?
Nein.
Können Sie einen Punkt festmachen, von dem Sie sagen: Das war der Auslöser, ein politischer Mensch zu werden?
Ich wollte nie Politiker werden, sondern mich immer nur ehrenamtlich in der Politik engagieren. Ich war aber schon sehr früh politisch interessiert - und irgendwann habe ich mich dann entschieden, dass ich selber mitgestalten möchte. Mit dem Schritt ins Staatssekretariat ist dann alles anders gekommen, als gedacht - und diese Phase war für mich irrsinnig prägend.
Prägend vielleicht - aber besondere Rückschläge haben Sie noch nicht erlebt.
Ich habe härtere Phasen erlebt, als die meisten anderen in der Politik. Als ich mit nur 24 Jahren Staatssekretär wurde, war der Gegenwind so stark, dass es für mein Team, für meine Familie und für mich eine wirklich furchtbar schwierige Zeit war. Ich kann mich noch gut erinnern, als damals auch Kollegen in der eigenen Partei, mit denen ich immer ein gutes Verhältnis hatte, auf einmal bei Fotos weggerückt sind von mir, weil sie sich gedacht haben: Das schlechte Image kann ja abfärben, wenn man allzu lange neben dem steht.
Ist man von Ihnen auch wegen Ihrer strikten Haltung in der Flüchtlingsfrage abgerückt?
Die Politik der unbeschränkten Aufnahme von Flüchtlingen in Mitteleuropa ist falsch. Ich habe mich von Anfang an dagegen ausgesprochen - und das war damals extrem unpopulär. Ich kann mich erinnern, als viele am Westbahnhof waren, um ankommende Flüchtlinge zu empfangen, bin ich bewusst nicht dorthin gegangen. Es wäre das falsche politische Signal gewesen. Ich bin massiv kritisiert worden. Das waren sehr herausfordernde Phasen, die einen aber auch stärker machen, wenn man sie übersteht.
Warum tun Sie sich das eigentlich alles an?
Weil es mir große Freude macht, etwas zu verändern und zu bewegen. Und weil ich das Gefühl habe, dass es jetzt wirklich eine Chance zu Veränderung in Österreich gibt.
Können Sie sich vorstellen, als Politiker in Pension zu gehen?
Definitiv nicht.
Was kommt dann?
Das weiß ich nicht. Ich habe als 14-Jähriger fest daran geglaubt, dass man sein Leben planen kann. Wenn man älter wird, lernt man, dass die meisten Dinge im Leben nicht planbar sind. Insofern bin ich da vollkommen frei.
Was machen die privaten Pläne. Wird es bald Familie Kurz geben?
Sorry - Privates bleibt bei mir privat.
Kurz über ...
... Innenminister Wolfgang Sobotka
Da sage ich nur: Innenminister.
... Ex-ÖVP-Chef Michael Spindelegger
Er hat mir mit 24 Jahren die Chance gegeben, in der Bundesregierung einen Beitrag zu leisten.
... Ebenfalls Ex-ÖVP-Chef Mitterlehner
Hat sehr viel geleistet.
... Idi Amin
Diktator und Massenmörder.
... Didi Mateschitz
Bewundernswerter Unternehmer, der hoffentlich viele motiviert, sich etwas zu trauen und sich selbstständig zu machen.
... Wunderwuzzi
(Lacht) Keine Ahnung - unbekannt.
... Meine größten Fehler
Manchmal bin ich nicht so kompromissfreudig wie andere.
... mein Glückwunsch zum Muttertag an meine Mutter
Ich habe unfassbar liebevolle Eltern, die mich immer sehr stark unterstützt haben. Ein Danke dafür!
Klaus Herrmann und Oliver Pokorny, Kronen Zeitung
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