Allein gegen alle

Kurz legt sich quer: Veto gegen EU-Türkei-Politik

Österreich
13.12.2016 16:10

Im Streit um die Türkei-Politik der EU hat Österreich am Dienstag ein - möglicherweise folgenreiches - Veto eingelegt. Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) blockierte in Brüssel Schlussfolgerungen des EU-Ministerrats zur Erweiterung der EU. Er hatte ein Einfrieren der Beitrittsgespräche mit der Türkei verlangt, eine klare Mehrheit der Staaten lehnte das aber ab.

Miroslav Lajcak, der Außenminister des EU-Ratsvorsitzlandes Slowakei, sagte, dass "nur eine Delegation" ein Einfrieren der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei gefordert habe. Ohne Österreich namentlich zu nennen, sagte Lajcak, dass das "nicht auf die Unterstützung der breiten Mehrheit der anwesenden Mitgliedsstaaten" getroffen sei.

Ein enttäuschter slowakischer Außenminister (Bild: APA/AFP/EMMANUEL DUNAND)
Ein enttäuschter slowakischer Außenminister

Kurz-Veto im Alleingang
Laut dem schwedischen EU-Botschafter Lars Danielsson unterstützten alle 27 übrigen EU-Staaten eine gemeinsame Linie der Union zur Türkei. "Österreich blockiert die Schlussfolgerungen des Allgemeinen Rates wegen der Türkei. Aber Konsens unter den anderen 27", twitterte der Botschafter.

Ratsvorsitz: "Hätten gerne mehr erreicht"
Laut Lajcak werde das Thema Türkei nach der österreichischen Blockade nun am EU-Gipfel am Donnerstag nicht offiziell behandelt. Es werde dazu keine Gipfelerklärung geben. "Wir haben während der Sitzung sehr viel gearbeitet und sehr viele Vorschläge gemacht, der ursprüngliche Textvorschlag vor allem zur Türkei wurde geändert", so Lajcak. Und weiter: "Ich sage ganz offen, wir hätten gerne mehr erreicht. Aber ein Land war nicht in der Lage, den Kompromiss zu unterstützen, den alle anderen 27 für akzeptabel befunden haben."

"Türkei entwickelt sich immer weiter weg von EU"
Kurz begründete sein Veto im Gespräch mit der "Krone" folgendermaßen: "In der Türkei werden Andersdenkende eingeschüchtert, Journalisten eingesperrt und jetzt ist sogar von einer Wiedereinführung der Todesstrafe die Rede. Das Land entwickelt sich immer weiter weg von der Europäischen Union, und das verlangt nach einer deutlichen Reaktion."

Kurz und der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier, ein Befürworter der Türkei-Gespräche (Bild: APA/AUSSENMINISTERIUM/DRAGAN TATIC)
Kurz und der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier, ein Befürworter der Türkei-Gespräche

Das EU-Parlament habe sich mit großer Mehrheit für ein Einfrieren der Beitrittsgespräche mit der Türkei ausgesprochen, im österreichischen Parlament sei ein entsprechender Beschluss sogar einstimmig gefällt worden. Das gelte es ernst zu nehmen. Aus diesem Grund stimmte Kurz dem sogenannten Fortschrittsbericht zur EU-Erweiterung nicht zu - ein "notwendiges Signal", so der Außenminister über seine Ablehnung. Die österreichische Haltung sei auch dahin gehend zu verstehen, dass das Europaparlament "nicht irrelevant" sei, wie der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan gesagt habe.

EU einig: Keine neuen Türkei-Kapitel öffnen
Da im Außenministerrat in diesem Fall Einstimmigkeit herrschen muss, wurde der Fortschrittsbericht nicht angenommen. Einigkeit herrschte laut Kurz hingegen darin, dass keine weiteren Kapitel in den Türkei-Beitrittsverhandlungen eröffnet werden sollen. Das sei nun "ein für alle Mal klar". "Wir sind es den Menschen schuldig, die in der Türkei unterdrückt werden", rechtfertigte Kurz seine Position. "Politiker, die sich in den Spiegel schauen wollen", müssten auf Fehlentwicklungen reagieren, die EU habe eine "noch nicht ausreichend ehrliche Positionierung" zur Türkei.

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