Der designierte ÖVP-Chef Sebastian Kurz geht mit der Ansage niedrigerer Steuern in den Wahlkampf. "Wir müssen die Steuer- und Abgabenquote auf mindestens 40 Prozent von derzeit 43 Prozent senken", sagte Kurz in einem am Samstag veröffentlichten Interview mit dem Finanznachrichtendienst Bloomberg. Damit will er vor allem die Arbeitnehmer entlasten. Vom Noch-Koalitionspartner SPÖ sowie der FPÖ und den Grünen kam umgehend Kritik.
Wie es auf Nachfrage der APA hieß, soll die Steuerentlastung zwölf bis 14 Milliarden Euro jährlich betragen. Der Löwenanteil der Entlastung soll demnach den Arbeitnehmern zugutekommen. "Auch wenn man viel arbeitet, bleibt einem zu wenig, um sich etwas aufzubauen", so die Begründung aus Kurz' Büro.
"Österreich nimmt genug Steuern ein"
"Österreich nimmt genug Steuern ein. Unser Problem ist mehr auf der Ausgabenseite, wo Bürokratie und fehlgeleitete Sozialleistungen das Budget belasten", erklärte Kurz gegenüber Bloomberg. Aus dem Außenministerium hieß es, jede dritte Kinderbeihilfe und in Wien jede zweite Mindestsicherung gehe an ausländische Staatsbürger.
Kurz will auch Migrationspolitik ändern
Kurz kündigte in dem Bloomberg-Interview auch an, die Zuwanderungspolitik überdenken zu wollen. Die Zahl jener, die vom österreichischen Sozialsystem profitieren, sollte limitiert werden. Kurz sagte, Österreich ziehe gering qualifizierte Arbeiter an, die staatliche Leistungen beanspruchen, sobald sie ihre Jobs verlieren. Stattdessen sollte sich Österreich darauf konzentrieren, für hoch qualifizierte Arbeiter attraktiv zu sein.
Kurz sagte auch, er wolle Steuerbetrug und den Missbrauch von öffentlichen Subventionen eindämmen. Die Staatsverschuldung, die heuer auf 83 Prozent des Bruttoinlandsprodukts prognostiziert wird, sollte weiter gesenkt werden. "Wir müssen diese Zahl wieder runterbringen", wird Kurz zitiert. Die Zinszahlungen würden Investitionen in Infrastruktur behindern und die Finanzierung des Sozialsystems erschweren.
SPÖ: "Kurz wandelt auf Schüssels Spuren"
Beim Noch-Koalitionspartner SPÖ löste die Ansage von Kurz, die Abgabenquote auf 40 Prozent senken zu wollen, skeptische Reaktionen aus. "Kurz wandelt mit seinen Plänen auf Schüssels Spuren, der 2006 Steuersenkungen fast wortgleich gefordert hat, ohne das jemals in die Tat umzusetzen. Und der alte Schüssel-Kurs, denn die angeblich neue Kurz-ÖVP jetzt kopiert, hat Österreich bekanntlich gar nicht gut getan", teilte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler mit. Es sei zwar zu begrüßen, dass Kurz endlich etwas sagt, "was mit viel gutem Willen als inhaltliche Äußerung gesehen werden kann". Doch das könne "freilich nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Kurz-Aussagen noch immer schwammig und inhaltsleer sind".
FPÖ ortet "billige Effekthascherei"
Auch die FPÖ lässt kein gutes Haar an der Forderung von Kurz, die Abgabenquote zu senken. Kurz habe einmal mehr gezeigt, "dass es ihm nicht um eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den Problemen im Land geht, sondern dass einzig billige Effekthascherei im Mittelpunkt steht", so FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl in einer Aussendung. Eine Senkung der Abgabenquote "klingt ja auf den ersten Blick ganz verführerisch, es müsse jedoch die Frage erlaubt sein, was 1.) der ÖVP-Finanzminister Hans-Jörg Schelling dazu sagt und 2.) warum der Herr ÖVP-Obmann erst jetzt, am Ende der Gesetzgebungsperiode auf diese - zumindest auf den ersten Blick - hervorragende Idee gekommen ist."
Grüne: "Kurz entpuppt sich als Grasser-Klon"
Auch der grüne Budgetsprecher Bruno Rossmann stellte fest: "Mit seiner Ankündigung entpuppt sich Kurz als Klon des früheren ÖVP-Finanzministers Karl-Heinz Grasser." Zwölf Milliarden Euro seien nicht ohne erhebliche Einsparungen aufzubringen. Es sei anzunehmen, dass die ÖVP damit wohl wieder nur die Besserverdienenden profitieren lassen will.
NEOS: "Das fordern wir schon lange"
Die wirtschaftsliberale Oppositionspartei NEOS verwies auf ihr vor über zwei Jahren vorgelegtes Steuerreformkonzept. Die Senkung der Abgabenquote auf 40 Prozent "fordern die NEOS schon lange", so Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn. Profitieren müssten davon vor allem auch die Unternehmer, unter anderem über eine Senkung der Lohnnebenkosten.
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