Mit milden Urteilen ist am Mittwoch der Prozess um eine blutige Rauferei im Februar in der Wiener U-Bahn-Station Kardinal-Nagl-Platz zu Ende gegangen. Ein 15-Jähriger, der sich nach einem fast tödlichen Messerstich ursprünglich wegen Mordversuchs hatte verantworten müssen, wurde lediglich wegen absichtlicher schwerer Körperverletzung zu 15 Monaten Haft verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Auslöser der verabredeten Rauferei war ein Mädchen, das sich bei einem 16-jährigen Bekannten über ihren Ex-Freund beschwerte, weil dieser mit ihr plötzlich Schluss gemacht hat. Der 16-Jährige rief den 18-Jährigen daraufhin an und fragte ihn, warum er die Beziehung beendet habe. Im Zuge des Telefonats kam es bereits zu ersten Beschimpfungen, die beiden verabredeten sich am 20. Februar zu einer Aussprache in der U3-Station Kardinal-Nagl-Platz im Bezirk Landstraße.
Nach kurzer verbaler Auseinandersetzung "ging es auch schon los"
Beide Burschen nahmen zu dem Gespräch Verstärkung mit. Ein Freund des 16-Jährigen, der damals noch 14-jährige Bursche und nun Angeklagte, führte in seiner Schultasche ein Klappmesser mit. Auf die Frage von Richterin Daniela Zwangsleitner, warum er eine Stichwaffe in seiner Schultasche hatte, sagte der Angeklagte: "Fast jeder Jugendliche hat was mit, einen Schlagstock, einen Schlagring oder ein Messer." Nach einer kurzen verbalen Auseinandersetzung "ging es auch schon los", meinte der heute 15-Jährige.
Als sein 19-jähriger Cousin von einem Kontrahenten mit dem Schlagstock verdroschen wurde, stach der Bursche das erste Mal in das Gesäß des Schlägers und eines weiteren Angreifers. Daraufhin trat die Gruppe Richtung U-Bahn die Flucht an. Die Kontrahenten rund um den Ex-Freund rannten hinterher. Dabei bemerkte der 18-Jährige mit dem Schlagstock plötzlich, dass er durch die oberflächlichen Stiche Blut auf seiner Hose hatte. Er rief laut: "Wer von euch hat ein Messer? Es ist noch nicht beendet!" Daraufhin kehrte der 19-jährige Cousin zurück und die beiden gingen erneut aufeinander los.
Dabei kam es zum letztlich lebensgefährlichen Messerstich des nun 15-Jährigen, der wohl deshalb zustach, um seinen Cousin, "der wie ein Bruder" für ihn sei, zu schützen. Dabei wurde die Brusthöhle des 18-jährigen Opfers eröffnet, die sieben Zentimeter lange Klinge beschädigte laut Gerichtsmediziner Wolfgang Denk eine Rippe und drang ins Lungengewebe ein. "Ich wollte ihn niemals töten, glauben Sie mir. Ich wollte ihn nur schwer verletzen", sagte der Angeklagte. Eigentlich wollte er nicht in die Rippen, sondern in den Oberarm stechen, "damit sie aufhören zu raufen".
Richterin: "Lassen Sie bitte in Zukunft das Messer weg"
"Hätten Sie ihn umbringen wollen, dann hätten Sie eine andere Stichführung und eine andere Körperstelle gewählt", meinte Richterin Daniela Zwangsleitner in ihrer Urteilsbegründung. Zudem hätte der 15-Jährige nicht weiter zugestochen. "Lassen Sie bitte in Zukunft das Messer weg", sagte Zwangsleitner. "Es ist eine Schande, sie waren ja in Ihrer Schule Klassensprecher - und da sollte man ein Vorbild sein."
Sein 19-jähriger Cousin erhielt wegen Raufhandels sieben Monate, wobei ihm fünf Monate bedingt nachgesehen wurde. Sein Anwalt beantragte für die unbedingte Haftstrafe von zwei Monaten einen Haftaufschub, bis er seine Lehre beendet hat, die er gerade begonnen hatte. Zudem wurden zwei frühere Bewährungsstrafen des jungen Mannes widerrufen und die Probezeit verlängert. Das 18-jährige Opfer, das bei der Rauferei mit einen Schlagstock zuschlug, bekam zwei Monate wegen Raufhandels, die im gänzlich bedingt nachgesehen wurden. Er und der 19-Jährige müssen zudem ein Antigewalttraining absolvieren. Die Urteile des 19- und des 18-Jährigen sind bereits rechtskräftig.
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