Bisher 93 Verdächtige und ein Schaden von rund 65 Millionen Euro - der Polizei ist mit Großrazzien in Wien und Umgebung ein Schlag gegen das perfekt organisierte Baukartell gelungen. Tätig war die Mafia auch bei Wiener Wohnen: Leistungen wurden verrechnet, aber nie erbracht. An der Spitze des Syndikats: ein Firmenchef und seine Mutter.
Die Liste der Vorwürfe ist lange: Steuerhinterziehung, Preisabsprache, Kartellbildung, Betrug und Korruption. Gemeinsam mit seiner Mutter soll ein Bauherr ein kompliziertes und in sich verwobenes Firmenkonstrukt erschaffen haben, das bei vielen Großprojekten der Stadt Wien mitnaschte. Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ) versicherte: "Wir unterstützen die Ermittlungsbehörden bedingungslos."
25 Wohnungen komplett zerlegt
Und so ist eines der Opfer des Kartells freilich der Steuerzahler: Die Firma hat Wiener Wohnen Leistungen verrechnet, aber nie erbracht. Ein Beispiel: Bei Renovierungen von Gemeindebauwohnungen musste eine Bleibe siebenmal ausgemalt werden. Angeblich. Sieben Anstriche wurden auch tatsächlich abgerechnet, in Wirklichkeit ging der Maler aber nur ein einziges Mal drüber - bei einer Wohnung ein Ärgernis, bei Hunderten ein Betrugsfall.
"Den ersten Verdacht gab es im Herbst 2012", erklärt ein Sprecher von Wiener Wohnen. "Wir haben sofort die Staatsanwaltschaft eingeschaltet, die interne Revision und Gutachter engagiert." Im November 2013 wurde schließlich gegen die Firma Klage eingereicht. Um den Tätern auf die Spur zu kommen, wurden sogar 25 Wohnungen komplett zerlegt - akribische Beweismittelsuche im Gemeindebau.
40 Hausdurchsuchungen
Jetzt schlugen 150 Beamte von Polizei und Finanzfahndung in Wien und Umgebung zu. Es kam zu rund 40 Hausdurchsuchungen - in Privatwohnungen und Firmen. "Es gab damals auch Anzeigen gegen den Direktor von Wiener Wohnen und gegen Mitarbeiter", so der Sprecher weiter. "Das wurde alles eingestellt." Von einem Feldzug gegen die Angestellten war die Rede. Die "Krone" erfuhr: Auch jetzt wird es wieder zu Befragungen kommen - von 30 Personen ist die Rede. Nur als Auskunftspersonen?
Ludwig: "Personelle Konsequenzen"
Der Sprecher der ermittelnden Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, René Ruprecht, bestätigt: "Die Hauptverdachtspunkte sind Betrug und wettbewerbsbeschränkende Absprachen im Vergabeverfahren." Sollten auch Mitarbeiter der Stadt involviert sein, "verlange ich Konsequenzen", ergänzte Wohnbaustadtrat Ludwig.
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