Die SPÖ hat - mit zahlreichen internen Streitereien - einen Fehlstart in den Wahlkampf hingelegt. Jetzt soll, natürlich inoffiziell, Kanzleramtsminister Thomas Drozda die Zügel übernehmen und Ordnung in das Chaos bringen. Beim roten Parteirat am Donnerstag hat Bundeskanzler Christian Kern die Genossen mit einer emotionalen Rede wachgerüttelt und zum Kampf aufgerufen. Im "Krone"-Interview spricht Drozda nun über Umfragen, die Kampagne und darüber, wie die klassenkämpferische Botschaft bei den Wählern ankommen soll.
"Krone": Herr Minister, in den vergangenen Tagen und Wochen war die Stimmung in der SPÖ nicht die beste. Hat der Parteirat daran etwas geändert?
Thomas Drozda: Es gab sehr viel positive Resonanz auf die Rede des Bundeskanzlers. Es war ein Ruck, ein Aufbruch. Die Karten sind neu gemischt.
Sie übernehmen nun das Ruder in der Wahlkampagne. Wie kann es Ihnen gelingen, den bisher missglückten Wahlkampf auf Schiene zu bringen?
In der Kampagne steht nicht einer an der Spitze, sondern mehrere Personen. Dass ich als Kanzleramtsminister dem Kanzler im Hintergrund zur Verfügung stehe, ist klar. Ich bin dort, wo ich gebraucht werde. Konzentrieren werden wir uns auf die Themen: Wie verteilen wir den Kuchen? Wer profitiert vom Aufschwung? Und wie wird der Kuchen größer?
Apropos Themen: Die Bereiche Flüchtlingskrise, Migration und Asyl kamen in der Rede des Kanzlers gar nicht vor. Und auch im Wahlkampfprogramm finden sich diese Punkte nur sehr weit hinten. Ist das für die SPÖ kein Thema?
Migration ist ein wichtiges Thema. Aber es ist nicht die Frage, auf welcher Seite es im Programm steht. Wir haben mit Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil DEN Sicherheitspolitiker. Aber wir haben auch den Eindruck, dass es abseits dieses Themas noch andere gibt, die bisher nicht genug berücksichtigt worden sind. Und auf diesem Spielfeld wollen wir uns bewegen.
Mit seiner Ansprache beim Parteirat hat Kern den Klassenkampf ausgerufen. Kann man mit dieser Botschaft auch außerhalb der roten Reihen punkten?
Es geht darum, klar zu sagen, auf welcher Seite man steht, klar zu sagen, für wen man eintritt. Das ist ein richtiger und notwendiger Vorgang - und eine Frage der Gerechtigkeit.
Der Slogan "Ich hol mir, was mir zusteht" - glauben Sie, dass die Wähler das richtig verstehen?
Spätestens im September wird das jeder gut verstehen. Wir haben noch Zeit, uns verständlich zu machen.
Kern hat gemeint, er glaubt nicht an Umfragen. Die SPÖ liegt bei all diesen Daten weit hinter der ÖVP. Was sagen Sie dazu?
Das beeindruckt mich nicht. Ich will den Meinungsforschungsinstituten nicht zu nahe treten, aber das sind Momentaufnahmen. Der Wahlkampf beginnt jetzt.
Wären Sie bei einer rot-blauen Koalition mit an Bord?
Wir haben einen Kriterienkatalog, zu dem ich mich zu 100 Prozent bekenne. Über Koalitionen kann man nach der Wahl nachdenken.
Und wenn die FPÖ jetzt den umstrittenen Rechtsaußen-Politiker Martin Graf wieder auf einen wählbaren Listenplatz setzt?
Ich finde es gut, wie klar die FPÖ in der Causa Hübner gehandelt hat. Martin Graf muss man dann beurteilen, wenn er gewählt ist. Aber ich will heute keine Zensuren vergeben.
Alle roten Attacken richten sich gegen Sebastian Kurz. Ist die FPÖ kein Gegner mehr?
Ich denke, es wird sich auf das Duell Kern-Kurz um den Kanzler zuspitzen.
Peter Pilz wird der SPÖ sicher einige Stimmen kosten, die sonst von den Grünen zu den Roten gewandert wären. Wie groß ist die Angst der SPÖ vor Pilz?
Wir haben keine Angst. Peter Pilz ist ein profilierter Abgeordneter, aber ich sehe die Gefahr, dass die Stimmen verloren sind und nicht im Nationalrat landen.
Die SPÖ hat ihren Ex-Klubchef, das rote Urgestein Josef Cap, auf einem aussichtslosen Platz gereiht. Ist das fair?
Ich bin überzeugt, dass Josef Cap einen guten Vorzugsstimmenwahlkampf führen wird.
Doris Vettermann, Kronen Zeitung
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