Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz hat für seinen Vorstoß für ein Kopftuchverbot im öffentlichen Dienst Unterstützung aus der Politik geerntet - und teils scharfe Kritik von Muslimenverbänden. Der Vorstand der Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen (IMÖ), Omar Al-Rawi, sagte am Freitag etwa: "Kurz gefällt anscheinend seine Rolle, sich auf dem Rücken der Musliminnen und Muslime politisch profilieren zu wollen." Al-Rawi kündigte an, mit dem Minister "endlich Tacheles zu reden".
Nach Kurz' "unrühmlicher Rolle" beim neuen Islamgesetz und seiner "Agitation" gegen muslimische Kindergärten in Wien komme der Minister erneut mit einem "diskriminierenden Vorschlag" gegen muslimische Frauen im öffentlichen Dienst, so Al-Rawi, der nun die weitere Zusammenarbeit mit dem ÖVP-Politiker auf den Prüfstand stellen will.
Al-Rawi: "Wir sollten endlich Tacheles reden"
Er werde in seiner Funktion als IMÖ-Vorstandsmitglied und als langjähriger Integrationsbeauftragter der Islamischen Glaubensgemeinschaft Kontakt und Kooperationen mit Kurz "evaluieren und auf ihren Sinn prüfen". Bis dahin sollten laut Al-Rawi alle Gespräche und Projekte ausgesetzt werden. "Immer über Medien uns Muslimen auszurichten, was er von uns denkt, ist nicht mehr tragbar. Als Musliminnen und Muslime sollten wir mit ihm endlich Tacheles reden."
Scharfe Kritik auch von der Islamischen Glaubensgemeinschaft
Die Forderung von Kurz wurde am Freitag auch von der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) zurückgewiesen. Eine solche Maßnahme wäre ein völlig falsches Signal, "anti-integrativ" und "diskriminierend", hieß es in einer Stellungnahme. "Wir appellieren dringend, diesen Vorstoß zurückzunehmen, der einer weiteren Zusammenarbeit zwischen der IGGiÖ und dem Integrationsministerium den Boden unter den Füßen zu entziehen droht. Aus dem geplanten Integrationspaket würde sonst ein Diskriminierungspaket", so der Präsident der Glaubensgemeinschaft, Ibrahim Olgun.
Die Stimmung gegen Muslime sei durch Terroranschläge ohnehin schon schwer belastet. Es wäre fatal, wollte man Unsicherheit und Ängste nun ausgerechnet auf dem Rücken von muslimischen Frauen austragen. "Will man gerade die emanzipierten und gebildeten Frauen vor den Kopf stoßen und sie in die Küche zurückdrängen?" Seit 2004 bestehe in Österreich ein Diskriminierungsverbot am Arbeitsplatz, das auch die Religion einschließt. Daher sei es einem potenziellen Arbeitgeber verboten, einer Bewerberin aufgrund ihres Kopftuchs eine Anstellung zu verweigern.
Kurz greife mit seinem Vorstoß auch die Religionsfreiheit an, beklagte die Islamische Glaubensgemeinschaft. Vor allem, wenn er "eindeutig mit doppelten Standards arbeitet und Kreuze in öffentlichen Gebäuden wie Schulen unberührt von seinem Vorstoß sieht".
Viel Unterstützung für Kurz aus den Bundesländern
Rückendeckung für Kurz kam am Freitag unter anderem aus der Steiermark. Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) reagierte positiv auf die Idee des Kopftuchverbots im öffentlichen Dienst: "Wir müssen unsere Werte wie Freiheit, Demokratie und auch Gleichberechtigung verteidigen", so Schützenhöfer. Nicht nur für viele Österreicher, sondern auch für viele Muslime sei das Kopftuch ein Zeichen von nicht vorhandener Gleichberechtigung. Hinzu käme die Vorbildwirkung für jüngere Zuwanderer.
Unterstützung kam auch vom Wiener ÖVP-Landesparteiobmann Gernot Blümel sowie dem Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ebenfalls ÖVP): Er halte ein Kopftuchverbot im öffentlichen Dienst für "durchaus vorstellbar", so Wallner. Und auch Oberösterreichs ÖVP-Landeshauptmannstellvertreter Thomas Stelzer bewertete den Plan des Ministers "grundsätzlich positiv" und forderte nun eine "unaufgeregte Diskussion".
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