Der überraschende Rückzug von Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll hat in der heimischen Politik für zahlreiche, zumeist überraschte Reaktionen gesorgt. Wiens Bürgermeister Michael Häupl gab sich bei einer Pressekonferenz am Dienstagvormittag durchaus betroffen: "Ich muss offen sagen, wenn man seit 1988 intensiv mit einem politischen Partner zusammengearbeitet hat, muss das erst durchsickern, wenn dieser Partner dann nicht mehr zur Verfügung steht."
Angesprochen auf die immer wieder aufbrodelnden Rücktrittsgerüchte um seine eigene Person sagte Häupl, Prölls Rücktritt sei für ihn "keine Inspiration". Die Kandidatur beim SPÖ-Parteitag im April sei fix. "Ihr müsst mit mir noch ein bisschen auskommen", sagte er gegenüber anwesenden Journalisten.
Häupl weiter: "Seids froh, denn irgendwann werd ich euch abgehen." Und er fügte hinzu, Pröll bleibe ihm "sicherlich" auch nach dem Ausscheiden aus der Politik als Gesprächspartner erhalten. Über seinen Schritt habe ihn der NÖ-Landeshauptmann nicht vorher informiert, auch nicht beim gemeinsamen Aufenthalt in Graz am Montag, sagte Häupl: "Selbstverständlich hat er mir es nicht gesagt."
Kern dankt Pröll für "Einsatz und Engagement"
Bundeskanzler Christian Kern drückte seinen Respekt für das politische Lebenswerk des niederösterreichischen Landeshauptmannes aus: "Erwin Pröll hat als Landeshauptmann 25 Jahre für sein Bundesland gearbeitet. Er hat die Politik in Österreich über die Grenzen seines Bundeslandes hinaus geprägt. Ich bedanke mich bei ihm für diesen Einsatz und dieses Engagement."
Auch wenn die politischen Ideen nicht immer dieselben gewesen seien, hielt der Bundeskanzler fest: "In diesen 25 Jahren hatte Erwin Pröll mitunter unterschiedliche Meinungen - zu den verschiedenen Bundesregierungen und auch zu meiner Partei, aber eines steht außer Streit: Es war immer dasselbe Ziel, für das Land und seine Menschen zu arbeiten."
"Respekt und Anerkennung" von Mitterlehner
ÖVP-Bundesparteichef und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner sprach Pröll "im Namen der gesamten Volkspartei" seinen Respekt und seine Anerkennung aus. Pröll habe für Niederösterreich "enorm viel geleistet und erreicht" und sein Amt als Landeshauptmann "vorbildlich" wahrgenommen. Er übergebe ein "gut bestelltes Haus".
Auch der Klubobmann der Volkspartei, Reinhold Lopatka, streute dem scheidenden "Landesfürsten" Rosen: "Erwin Pröll hat im Laufe seiner jahrzehntelangen politischen Laufbahn immer für Land und Leute gearbeitet und so Niederösterreich zu einem Vorzeigebundesland gemacht." ÖVP-Generalsekretär Werner Amon dankte dem "Ausnahmepolitiker" Erwin Pröll "für seinen Einsatz für das Land Niederösterreich".
Sobotka: "Außerordentliches geleistet"
Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) brachte am Dienstag seine Anerkennung für die Leistungen des niederösterreichischen Landeshauptmannes zum Ausdruck: "Erwin Pröll ist ein Politiker von außergewöhnlichem Format, der in den zurückliegenden Jahren Außerordentliches geleistet hat. Er hat das Amt des Landeshauptmannes in einer sehr heiklen Phase übernommen und Niederösterreich vom Rand der Europäischen Union ins Zentrum geführt."
FPÖ: "Das Ende einer Ära"
Die FPÖ nannte den Rücktritt von Pröll "das Ende einer Ära". "Auch wenn es in der Politik unterschiedlichste Auffassungen gab, so muss man eine 25-jährige Amtszeit als Landeshauptmann mit Respekt betrachten. Das ist in der politisch schnelllebigen Zeit schon etwas Besonderes. Erwin Pröll ist es gelungen, eine eigene Marke zu etablieren, ja sogar seine Haartracht war untrennbar mit Niederösterreich verbunden", so der freiheitliche Landesobmann Walter Rosenkranz in einer Aussendung.
Kritik kam vom Team Stronach: "Erwin Pröll war zweifelsfrei ein erfolgreicher Politiker, aber er hat ein altes System der Politik repräsentiert - geprägt von Eigennutz und wenig Verständnis für das große Ganze", so Klubobmann Robert Lugar zum Rücktritt des niederösterreichischen Landeshauptmannes.
Peter Pilz: "Gut so."
Von den Grünen meldete sich Sicherheitssprecher und Abgeordneter Peter Pilz via Twitter zu Wort: "Pröll geht. Unwillig und unfreiwillig. Er ist nicht mehr zu halten und endlich zurückgetreten worden. Gut so."
Eine gemischte Bilanz zieht auch Grünen-Chefin Eva Glawischnig über die Amtszeit Prölls: "Seine Ära hatte Licht und Schatten", sagte sie am Dienstag. Glawischnig würdigte Pröll als "große Persönlichkeit der österreichischen Nachkriegsgeschichte". Er habe sein Bundesland "mit machtvoller Politik vom Grenzland am Eisernen Vorhang hin in die Mitte des modernen Europa geführt". "Die Art und Weise, wie er seine Politik gemacht hat, ließ aber immer wieder Demokratiedefizite sichtbar werden", befand Glawischnig. "Mitsprache und Kontrolle hatten für ihn keine allzu große Priorität." Vor allem die letzten Monate seiner Amtszeit sehe man kritisch.
NEOS: "Niederösterreich ist frei"
Mit den Worten "Niederösterreich ist frei!" reagierte NEOS-Chef Matthias Strolz ebenfalls durchaus erfreut auf Prölls Rücktritt. In einer Aussendung meinte er später: "Erwin Pröll mag seine Verdienste haben. Aber er war auch ein Spitzenrepräsentant jenes verantwortungslosen Spendierföderalismus, mit dem wir in Österreich endlich abfahren müssen. Sein Abschied ist daher eine Chance auf einen neuen Stil auch in Niederösterreich", so Strolz.
Landeshauptleute loben "gute Zusammenarbeit"
Aus den anderen Bundesländern ereilten den scheidenden niederösterreichischen Landeshauptmann Lobeshymnen. Prölls steirischer Kollege Hermann Schützenhöfer würdigte dessen "unglaubliche Lebensleistung". Die "Erfolgsgeschichte Niederösterreichs" sei untrennbar mit dem Namen Erwin Pröll verbunden. Der steirische ÖVP-Chef bedankte sich "als Nachbar für die sehr gute Partnerschaft zwischen unseren Ländern".
Für die Zusammenarbeit bedankte sich auch Salzburgs ÖVP-Landeshauptmann Wilfried Haslauer. "Mit Landeshauptmann Erwin Pröll verlässt eine der prägendsten Persönlichkeiten die politische Bühne. Erwin Pröll hat für sein Bundesland in wirtschaftlicher, kultureller und infrastruktureller Hinsicht Hervorragendes geleistet", schrieb er auf Facebook. "Nicht hoch genug kann die Leistung eingeschätzt werden, federführend für Niederösterreich eine eigene Identität gestiftet zu haben."
Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) betonte in einer Stellungnahme, ihn verbinde mit Pröll eine "langjährige, vertrauensvolle Zusammenarbeit über Bundesländergrenzen und Parteigrenzen hinaus". Besonders schätze er an Pröll, dass keine Verträge notwendig seien, meinte Niessl: "Wir haben Themenbereiche diskutiert, über gemeinsame Zusammenarbeit bzw. Kooperationen entschieden und diese Abmachungen haben immer eins zu eins gehalten."
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