In seinen letzten inhaltlichen Arbeitssitzungen vor der Sommerpause hat der Nationalrat noch ein beachtliches Finish hingelegt. Hatte sich die Abschaffung des Pflegeregresses bereits angedeutet, kam die ebenfalls am Donnerstag beschlossene Ökostrom-Novelle doch überraschend. Dazu wurden plangemäß Beschäftigungsbonus, "Aktion 20.000" und Gewerbeordnungsreform abgesegnet.
Auch das freie Spiel der Kräfte wurde am Donnerstag neuerlich von der SPÖ geübt, freilich mit weniger Erfolg als am Vortag, als die Sozialdemokraten gemeinsam mit Freiheitlichen, Grünen und NEOS eine deutliche Anhebung des Uni-Budgets durchgesetzt hatten. Bei der Öffnung der Ehe für Homosexuelle war die FPÖ ebenso wenig an Bord wie Noch-Koalitionspartner ÖVP. Damit wurde die Mehrheit verpasst, wobei es technisch gesehen noch gar nicht um die Abschaffung selbst ging, sondern um die rechtzeitige parlamentarische Behandlung des entsprechenden Gesetzesantrags.
"Aktion 20.000" kann starten, Beschäftigungsbonus kommt
Insgesamt zeigten sich die Sozialdemokraten mit dem Plenartag aber durchaus zufrieden, unter anderem weil die von der SPÖ viel beworbene "Aktion 20.000", mit der ebenso viele gemeinnützige Arbeitsplätze für Langzeitarbeitslose über 50 geschaffen werden sollen, angesichts der am Donnerstag vereinbarten Finanzierung starten kann. Zum anderen kommt noch ein Beschäftigungsbonus, mit dem für neu eingestellte zusätzliche Arbeitskräfte, die bereits in Österreich tätig waren, befristet die Hälfte der Lohnnebenkosten von der öffentlichen Hand übernommen werden.
Gewerbeordnungsnovelle verabschiedet
Lange gerungen wurde um die Gewerbeordnungsreform, am Donnerstag war sie dann endlich beschlussreif. Zwar scheiterte das angepeilte "One-Stop-Verfahren" bei Betriebsanlagengenehmigungen angesichts der fehlenden Verfassungsmehrheit, doch die Verschlankung der Gewerbeordnung schaffte es doch noch rechtzeitig vor dem Sommer durch den Nationalrat. Die teilregulierten Gewerbe werden mit der Novelle abgeschafft, die Zahl der regulierten Gewerbe wird reduziert, und für die freien Gewerbe gibt es eine einheitliche Lizenz.
Ökostrom-Novelle einstimmig durch
Am überraschendsten war, dass die seit Monaten bestehende Blockade in Sachen Ökostrom-Novelle in der Nacht auf Donnerstag abgebaut werden konnte. Die Koalition einigte sich mit den Grünen auf einen Kompromiss, womit die notwendige Zweidrittelmehrheit gegeben war. Möglich wurde dies durch höhere Förderungen bei Windanlagen und in der Photovoltaik. Letztlich wurde die Vorlage sogar einstimmig goutiert.
Zu den Beschlüssen des Donnerstags, die jeweils von der Koalition gemeinsam eingebracht wurden, gehörten noch eine Reform der Sportförderung, eine Erhöhung der Forschungsprämie sowie ein Register der wirtschaftlichen Eigentümer. In den späteren Abendstunden wurde noch beschlossen, die Bundesanstalt für Verkehr aufzulösen. Der für Kfz- und Verkehrstechnik zuständige Teil der Anstalt wandert direkt ins Infrastrukturministerium, während die Sicherheitsuntersuchungsstelle als eigenständige nachgeordnete Dienststelle des Ministeriums bestehen bleibt.
Einstimmig beschlossen wurde noch eine Neudotierung der Nationalstiftung für Forschung und Technologie, die Mittel für Grundlagenforschung im Spitzenbereich bereitstellt. Von 2018 bis 2020 gibt es eine zusätzliche Dotierung um gesamt 300 Millionen Euro.
Abgeschlossen wurde der inhaltliche Kehraus des Nationalrats mit einer Debatte über den Tätigkeitsbericht der Volksanwaltschaft, die von viel Lob für die Arbeit des Trios Günther Kräuter, Gertrude Brinek und Peter Fichtenbauer dominiert war.
Frontalattacke gegen Schelling
Dass die Stimmung trotz zahlreicher gemeinsamer Beschlüsse in der Koalition weiter eisig ist, zeigte sich exemplarisch an einem Redebeitrag des roten Finanzsprechers Kai Jan Krainer. Dieser ritt eine Frontalattacke gegen Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP), nachdem dieser zuletzt dem SP-regierten Wien wegen des Defizits in der Bundeshauptstadt quasi Nachhilfe angeboten hatte. Für Krainer sind diese Aussagen lächerlich, habe das rote Wien in 100 Jahren doch weniger Schulden gemacht als der Bund in einem Jahr. Schelling verzichtete auf eine Replik. Die Volkspartei war überhaupt bemüht, nicht den Eindruck aufkommen zu lassen, dass man sich für die Düpierung beim Uni-Budget rächen wolle.
Für die tatsächlich letzte Plenarsitzung vor der Sommerpause Mitte Juli ist auch keine Revanche zu erwarten: Diese soll sich ausnahmslos um den Antrag zur Verkürzung der Gesetzgebungsperiode drehen, mit dem der Weg für die vorgezogenen Neuwahlen im Oktober freigemacht wird. Zumindest eine Arbeitssitzung vor der Wahl wird es aber noch geben, nämlich im September. Da scheinen noch allerlei Gesetzesbeschlüsse in unterschiedlichsten Konstellationen denkbar.
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