Das verlässlichste Indiz für große Nervosität in Parteien ist, wenn die Sprecher von Parteien extra betonen, dass sie nicht nervös sind. So waren am Dienstag SPÖ und ÖVP die Ersten, die erklärten, dass sie sich vor der neuen Liste von Peter Pilz nicht fürchten. Auch in Pilz' früherer politischer Heimat, den Grünen, versucht sich die Führungsspitze um betonte Gelassenheit. Hinter den Kulissen geht es jedoch rund. Denn alle Parteien müssen damit rechnen, Wählerstimmen an Pilz zu verlieren.
Strategisch bedeutet die Kandidatur von Peter Pilz bei den Nationalratswahlen am 15. Oktober vor allem für die SPÖ von Christian Kern eine ziemliche Herausforderung. Dem Kanzler und seiner engen Umgebung war das bereits beim Pilz-Abgang von den Grünen vor genau einem Monat klar. Damals waren sofort Überlegungen angestellt worden, wie man Peter Pilz eventuell zur SPÖ locken oder von einem Antreten mit einer eigenen Liste abhalten könnte.
Vorgeschickt wurde von der Kanzlerpartei sofort einmal SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder, der einen Seitenwechsel von Pilz in sein Lager als "einen verlockenden Gedanken" bezeichnet hat. Wenig überraschend kam prompt die Absage von Pilz an Kern & Genossen. Ganz generell erklärte der Ex-Grüne bald darauf, dass er "von Parteien die Nase voll" habe.
Für die SPÖ könnte sich die Liste Pilz bei den Wahlen als doppelt bitter erweisen. Einerseits können die Kanzler-Strategen in der Parteizentrale die Erwartungen, eventuell Stimmen aus dem grünen Lager zu gewinnen, fast vergessen.
Pilz sendet Signale an Wähler der SPÖ
Zudem sendet Pilz mit Themen wie Gerechtigkeit und Solidarität durchaus auch klare Signale an Wähler aus SPÖ-Kreisen. Aus einigen bereits verfügbaren Daten lässt sich der Schluss ziehen, dass Peter Pilz die Sozialdemokraten zwei oder auch mehr Prozentpunkte kosten könnte.
Das ist unangenehm für den Kanzler, aber für die Grünen ist die Entwicklung desaströs. Nach dem Abgang von Eva Glawischnig ringt die Partei noch immer damit, mit ihren Themen an die Öffentlichkeit durchzudringen. Wenn überhaupt von den Grünen die Rede ist, dann nur, dass in der Partei vor allem Intrigen und Streit dominieren. In letzten Umfragen lagen die Grünen bei sechs oder sieben Prozent. Ähnliche Werte weist auch die Liste von Pilz auf, noch bevor der langjährige Aufdecker-Star überhaupt seinen Wahlkampf begonnen hat.
Die Grünen-Spitze in Mexiko und Straßburg
Auch in der Medienpräsenz liegt Peter Pilz uneinholbar deutlich vor der Führungsspitze der Grünen. Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek hält sich überwiegend in Straßburg oder Brüssel auf, Parteichefin Ingrid Felipe reist durch Mexiko.
Mit seiner gemäßigten Linie gegen den "politischen Islam" hat Pilz aber auch Potenzial bei Wählern der FPÖ, die durch den "Fall Hübner" angeschlagen ist. Und sogar bei der ÖVP soll es durchaus kleinere Gruppierungen geben, die mit Pilz sympathisieren. Die Kurz-Partei setzt daher vor allem darauf, Pilz als Ultra-Linken darzustellen.
Die NEOS mit Matthias Strolz und Irmgard Griss müssen Pilz am wenigsten fürchten, aber mit seiner Liste den Ruf einer Protestpartei teilen.
Claus Pándi, Kronen Zeitung
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