Bis vor gar nicht allzu langer Zeit war es für Österreichs Polizisten verhältnismäßig einfach, einen Waffenpass - und damit die Berechtigung zum Führen einer geladenen Faustfeuerwaffe auch außerhalb der Dienstzeit - zu erhalten. Doch damit ist seit geraumer Zeit Schluss. Die Verwaltungsbehörden stellen keine Waffenpässe mehr für Polizisten aus - trotz erhöhter Terrorgefahr und obwohl der Staatsschutz sie als potenzielle Ziele der Terrormiliz IS sieht.
Hintergrund für die befremdlich anmutende Weigerung, Waffenpässe zu genehmigen, die zur Folge hat, dass die heimischen Polizisten in ihrer Freizeit de facto entwaffnet werden, ist ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs. Seit einiger Zeit beziehen sich die Verwaltungsbehörden nämlich auf diesen VwGH-Entscheid aus dem Oktober 2011. Allerdings werde dieser von ihnen "fälschlicherweise völlig fehlinterpretiert", sagt der Wiener Anwalt und Experte für Notwehr- und Waffenrecht, Raoul Wagner.
Der Jurist vertritt laut Angaben des "Kurier" mehrere Dutzende Polizisten, die zum Eigenschutz und aus Sorge vor der steigenden Terrorgefahr Waffenpässen bei den für die Vergabe zuständigen Landespolizeidirektionen, Magistraten oder Bezirkshauptmannschaften beantragt haben. Laut Wagners Angaben wurde kein einziger dieser Anträge positiv beschieden. Selbst ein Mitarbeiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung soll mit seinem Wunsch auf einen Waffenpass abgeblitzt sein.
"Außerhalb der Dienstzeit de facto entwaffnet"
Für Anwalt Wagner ist es untragbar, dass Österreichs Polizisten "außerhalb ihrer Dienstzeit entwaffnet und de facto außer Funktion gesetzt werden", wie er im Vorjahr in der "Presse" schrieb. Ein Polizist sei in seiner Freizeit ebenso verlässlich und ausgebildet wie im Dienst. Die Öffentlichkeit könne daher kein Interesse daran haben, dass er unbewaffnet ist, so Wagner. Es werde zudem völlig ignoriert, dass die Terrororganisation IS zur Ermordung von Polizisten aufgerufen hat, sagt der Jurist.
Zurzeit ist es Polizeibeamten außer Dienst bei Gewaltverbrechen nicht möglich, notfalls bewaffnet einzugreifen. Dank der neuen Praxis der Verwaltungsbehörden müssten sie vielmehr aus sicherer Distanz das Geschehen beobachten, Kollegen, die im Dienst sind, anrufen und untätig auf deren Eintreffen warten - ein unzumutbarer Zustand, kritisiert Anwalt Wagner.
Geht es nach den Vorstellungen des Innenministeriums, sollen Waffenpässe für Polizisten künftig wieder leichter zugänglich werden. Nicht zuletzt wegen der erhöhten Terrorgefahr sollen Beamte nach Meinung des Ministeriums auch in ihrer Freizeit wehrhaft sein können. Die Neuregelung soll einen Polizisten aber nicht zum privaten Tragen einer Waffe verpflichten - "das gilt natürlich nur, wenn er das will", heißt es aus dem Ministerium.
Novelle zum Waffengesetz in Vorbereitung
In Vorbereitung ist demnach eine Novelle zum Waffengesetz, die Polizisten den Anspruch auf einen Pass für eine private Schusswaffe aufgrund des Umstandes ermöglichen soll, dass sie Exekutivbeamte sind. Wann diese spruchreif wird, ist aber noch völlig offen. Zuerst wolle man die angekündigte neue Richtlinie der EU zum Erwerb und Besitz von Waffen abwarten, um danach eine richtlinienkonforme Novelle entwerfen zu können, hieß es im März aus dem Innenministerium.
Bisher gelten für Polizeiangehörige dieselben Voraussetzungen wie für jeden anderen Bürger. Für den Erwerb des Waffenpasses muss der Betreffende den Nachweis einer Bedrohung erbringen. Derzeit gibt es nur einen Erlass, dass ein Beamter von seinem Kommandanten die Erlaubnis zum privaten Tragen der Dienstwaffe bekommt, wenn er Bedarf hat.
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