Ruck nach rechts

Regierung lässt der Strache-FPÖ kaum noch Luft

Österreich
07.08.2016 08:06

"Strache verteidigt Kern!" Diese Schlagzeile einiger Freitagszeitungen ist nur ein Beleg für den sich seit Längerem abzeichnenden Rechtsruck der Regierung. Die von Ex-Kanzler Werner Faymann eingeleitete Kurskorrektur in der Flüchtlingspolitik wird jetzt mit der harten Türkei-Linie des anfänglich als "eher links" geltenden Kanzlers Christian Kern noch konsequenter fortgesetzt.

Bundeskanzler Kern überraschte Mitte der Woche mit seiner Forderung, die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei abzubrechen. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache blieb Tage später nur noch die für einen Oppositionsführer ungewöhnliche Rolle, den SPÖ- und Regierungschef vor den massiven Angriffen aus Ankara in Schutz zu nehmen.

Um bei dem Wettrennen um die schärfere Anti-Türkei-Linie nicht völlig ins Hintertreffen zu geraten, ergänzte Strache seine Kanzler-Verteidigung um den Zusatz, dass er sich freue, wenn "Kern mich kopiert". So einfach lässt sich das jedoch nicht darstellen. Der Bundeskanzler führt seine Partei bereits seit Mitte Juli in eine pragmatische Richtung.

Christian Kern, Hans Peter Doskozil und Heinz-Christian Strache während einer Nationalratssitzung (Bild: APA/HERBERT PFARRHOFER)
Christian Kern, Hans Peter Doskozil und Heinz-Christian Strache während einer Nationalratssitzung

Nach dem Besuch bei Ungarns Premier Viktor Orban erklärte Kern, dass es "Orban nicht beeindrucken wird, wenn ich ihm erkläre, wie er sein Land führen soll". Jeder habe seine Interessen - unter anderem, dass "die gemeinsame Grenzsicherung funktioniert". Kern gestand nach den Demonstrationen konservativer Türken in Wien auch ein, dass "die Integration offenbar nicht so gut funktioniert hat, wie man es lange erhofft hat".

Doskozil verfolgt strikte Sicherheitspolitik
Mit dieser Linie lässt die Regierung den Freiheitlichen derzeit politisch kaum noch Luft. Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil verfolgt bereits seit seinem Amtsantritt im Jänner einen sicherheitspolitisch strikten Kurs. Doskozil drängte unmittelbar nach seiner Übernahme des Verteidigungsministeriums auf Rückführungen von Flüchtlingen mit "Hercules"-Heeresmaschinen, einen verstärkten Assistenzeinsatz durch das Bundesheer und ein strengeres Grenzmanagement.

Hans Peter Doskozil und Generalstabschef Othmar Commenda diskutieren das Grenzmanagement. (Bild: APA/ERWIN SCHERIAU)
Hans Peter Doskozil und Generalstabschef Othmar Commenda diskutieren das Grenzmanagement.

Nach der jüngsten Serie von Terror-Anschlägen in Westeuropa erklärte Doskozil unmissverständlich: "Rückführungen gehören rigoros umgesetzt. Der Rechtsstaat kann nur funktionieren, wenn die Gesetze und Regeln auch eingehalten werden. Die Fehlentwicklungen der vergangenen Jahre müssen endlich korrigiert werden."

Sobotka und Kurz geben in ÖVP klare Linie vor
Eng wird der politische Spielraum für die Freiheitlichen auch durch die ÖVP, die mit Innenminister Wolfgang Sobotka einen erkennbar entschiedeneren Weg mit konkreten Vorschlägen eingeschlagen hat - etwa Sobotkas Vorschlag Anfang Juli zu einer radikalen Reform der Mindestsicherung nach deutschem "Hartz IV"-Vorbild oder einer Wartepflicht für Flüchtlinge bei der Arbeitsberechtigung bzw. der Verpflichtung zu gemeinnütziger Arbeit.

Innenminister Wolfgang Sobotka (Bild: APA/Roland Schlager)
Innenminister Wolfgang Sobotka

Prominentester Vertreter einer konsequenten Politik in der Regierung ist Sebastian Kurz. Der Außenminister gibt dem Kanzler nicht nur in der harten Türkei-Linie volle Rückendeckung. Der als Nachfolger von Parteichef und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner gehandelte ÖVP-Star sorgte im Juni mit seinem "australischen Insel-Modell" für Aufsehen. Demnach sollten Bootsflüchtlinge auf dem Meer abgefangen und auf Inseln gebracht werden. Minister Kurz: "Wer illegal versucht, nach Europa durchzukommen, soll seinen Anspruch auf Asyl in Europa verwirken."

FPÖ-Chef Strache ringt nun um seine Poleposition in diesen Fragen und warnt: "Die Gefahr ist nicht vorbei. Im Gegenteil."

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