Ein internationaler Berater der SPÖ, Tal Silberstein, wurde verhaftet. Ihm werden Betrug und Geldwäsche vorgeworfen. So weit, so schlecht für die Roten. Dass sie die Zusammenarbeit nun beenden, schützt sie natürlich nicht vor Kritik. Was jedoch sind die Auswirkungen für den Wahlkampf? Politologe Peter Filzmaier analysiert für die "Krone".
Experten aus dem Ausland machen im Wahlkampf durchaus Sinn. Sie haben eine unabhängige Außensicht statt des einseitigen Tunnelblicks in der jeweiligen Parteifarbe. Anders als interne Berater war Silberstein frei von Interessenskonflikten, ob ein Vorschlag wirklich Spitzenkandidat Christian Kern oder mehr der eigenen Politkarriere und vielleicht einer Landes- oder Teilorganisation hilft. Da schmort Kern künftig womöglich zu sehr im eigenen Saft.
Spitzenkandidat als Botschaft kommunizieren - nicht Berater
Eines darf sowieso nie passieren: In Wahlkampagnen müssen stets die Partei und deren Spitzenkandidat als Botschaft kommuniziert werden, nicht irgendwelche Berater. Selbst wenn diese genial wären, kann sie ja keiner wählen. Bei der SPÖ ist da so ziemlich alles falsch gelaufen. Seit Monaten ist der rote Beraterstreit über die richtige Strategie ein Medienthema. Silbersteins Verhaftung ist bloß das i-Tüpfelchen, schon früher ging es um Handgreiflichkeiten in Kerns Team.
Wenn sich alle über den SPÖ-Wahlkampfslogan "Hol dir, was dir zusteht!" aufregen, wäre das gut - nämlich als Gratiswerbung für seine Verbreitung, was Sinn der Sache ist -, doch hat der Spruch nach dem Fall Silberstein plötzlich einen ungewollt ironischen Beigeschmack.
Aufgelegter Elfmeter ohne Tormann für andere Parteien
Alle anderen Parteien wären geradezu dumm, wenn sie das nicht als eine Art aufgelegten Elfmeter ohne Tormann ausnützen. Theoretisch können solche Angriffe von ÖVP und FPÖ zu "Jetzt erst Recht!"-Solidarisierungseffekten führen und somit die Reihen der SPÖ schließen. Mit Silberstein fühlt sich freilich kaum jemand Seite an Seite, also ist das unwahrscheinlich.
Kern hat sich vor vielen Monaten falsch entschieden
Im Nachhinein ist es zugegeben leicht, schlauer zu sein. Doch warum hat sich Kern nicht früher von seinem Berater getrennt? Es geht nicht darum, dass für Silberstein selbstverständlich die Unschuldsvermutung gilt. Kern hat die keineswegs neuen Vorwürfe nicht juristisch zu beurteilen, sondern musste strategisch überlegen: Lohnt sich das Risiko, einen Berater zu behalten, der in der Öffentlichkeit zum Negativthema werden könnte? Hier hat sich Kern vor vielen Monaten falsch entschieden.
Kronen Zeitung
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