Knalleffekt im Fall um den Linzer Doppelmörder, der am vergangenen Freitag ein älteres Ehepaar brutal getötet hatte: Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) sprach am Mittwochabend bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz von einem "eindeutigen IS-Hintergrund". Der Verdächtige - ein 54 Jahre alter radikalisierter Muslim aus Tunesien - hatte angeblich aus Hass auf die FPÖ das Blutbad angerichtet. Demnach war es die erste Bluttat mit IS-Hintergrund in Österreich.
Der mutmaßliche Mörder Mohamed H. soll schon lange Zeit in Österreich leben. Die Radikalisierung habe sich aus den Auswertungen sichergestellter elektronischer Datenträger und sozialer Netzwerke ergeben, in denen der Tunesier aktiv war, so Sobotka. Nach der Tat hatte er sich gestellt, mittlerweile befindet er sich in Untersuchungshaft. Dem Tötungsdelikt waren am Freitag eine 85 Jahre alte Frau und ihr 87-jähriger Mann zum Opfer gefallen. Sie wurden nach ihrem gewaltsamen Tod in ihrem brennenden Wohnhaus entdeckt. Die eigentliche Tat sei laut Sobotka eindeutig geklärt und alle diesbezüglichen Spuren ausgewertet.
Laut Polizei keine Hinweise auf Komplizen
Der 54-Jährige habe das Ehepaar alleine getötet, sagte Andreas Pilsl, der oberösterreichische Landespolizeidirektor. Dabei seien keine Komplizen beteiligt gewesen, der Hintergrund werde jedoch intensiv untersucht. Der Tunesier wollte nach derzeitigen Erkenntnissen nie als Kämpfer nach Syrien, sagte der Innenminister. Der Verdächtige hat laut Sobotka über mehrere verschlüsselte Zugänge verfügt, weshalb man erst im Verlauf der vergangenen zwei Tage die Tragweite der Tat erkennen konnte. Nun müssten die Verbindungen des Tunesiers nachverfolgt werden.
Mohamed H. wollte in Tunesien als Tischler arbeiten
Laut Pilsl wäre M. vor Kurzem in seine Heimat gereist, um sich dort ein zweites Standbein in seinem erlernten Beruf als Tischler aufzubauen. Ob der Verdächtige bereits mit den Vorwürfen eines islamistischen Hintergrunds konfrontiert wurde und wie er sich dazu geäußert habe, wollte Sobotka nicht bekannt geben. Mohamed H. hatte zunächst angegeben, das Paar wegen der von ihm vermuteten Nähe zur FPÖ getötet zu haben. Diese habe er für viele negative Erfahrungen verantwortlich gemacht, die er in Österreich gemacht und subjektiv auf die Freiheitlichen projiziert habe. Mit der Tat habe er ein Exempel an der Gesellschaft statuieren wollen.
Verfassungsschutz sah in Doppelmörder keine Gefahr
Bereits vor zwei Jahren hatte ein besorgter Nachbar Mohamed H. wegen extremistischer Umtriebe bei der damaligen NS-Meldestelle des Innenministeriums angezeigt. Der Verfassungsschutz nahm Mohamed H. unter die Lupe, stellte aber kein Gefährdungspotenzial fest.
Sobotka: "Wollen Ermittlungen mit Bedachtnahme fortsetzen"
Details zu den bisherigen Ermittlungsergebnissen nannte der Inneminister nicht. Man wolle weitere Erhebungen zu einem allfälligen Netzwerk nicht behindern. "Für uns gilt es in dieser besonderen Situation, die Ermittlungen mit großer Bedachtnahme fortzusetzen", warb der Innenminister um Verständnis dafür, dass keine Details bekannt geben wurden. Man habe sich entschlossen, mit der Pressekonferenz an die Öffentlichkeit zu treten, um keine Spekulationen aufkommen zu lassen, nachdem am Nachmittag die Informationen vom IS-Hintergrund übermittelt worden waren. Man werde auch weiterhin über den Fall laufend informieren, doch die Ermittlungen hätten Vorrang und würden mit "größter Ernsthaftigkeit und Konzentration" geführt. Diese wolle man nicht behindern, sagte Sobotka.
Stelzer: "Haben offensichtlich größere Integrationsprobleme"
Erschüttert auf die neuen Ermittlungsergebnisse reagierte der oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP). "Es fällt mir persönlich sehr schwer, zu begreifen, warum ein Mann, den wir vor fast 30 Jahren in unserem Land aufgenommen haben, derartigen Hass auf unsere Gesellschaft und Sympathien für den IS entwickelt. Und es zeigt auch, dass wir offensichtlich auch in Österreich größere Integrationsprobleme haben, als wir dachten." Stelzer forderte mehr rechtliche Möglichkeiten für die Sicherheitsbehörden. Diese müssten "effektiv und präventiv" tätig werden können, damit "Schreckenstaten wie diese verhindert werden können".
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