Brief von Soldaten

Toter Rekrut: Jetzt berichten Augenzeugen!

Österreich
09.08.2017 22:20

Im tragischen Todesfall in der Kaserne Horn ermitteln jetzt zwei Untersuchungskommissionen, der Verteidigungsminister ließ bereits einen Ausbildner beurlauben. Die genauen Gründe, warum der erst 19 Jahre alte Toni P. bei einem 7,2 Kilometer langen Marsch starb, sind noch nicht restlos geklärt. Jetzt meldeten sich aber drei Kameraden des toten Soldaten: Sie kritisieren die Hetze gegen das Bundesheer - und wie manche Medien "Fake News", also Unwahrheiten, verbreiten. krone.at hat den ganzen Brief.

"Wir haben nur die Wahrheit verdient", schreiben die Soldaten in ihrem Brief: "Wir sind Rekruten. Drei junge Soldaten der 1. Gardekompanie, Kameraden unseres verstorbenen Toni P. Als solche melden wir uns nun zu Wort. Selbständig. Ohne Filter, Kontrolle oder Rücksprache mit der Obrigkeit sehen wir uns als einfache Soldaten und Freunde von Toni gezwungen, unsere Stimme zu erheben."

20 Ohnmächtige? "Ein Lügenmärchen"
Und sie widersprechen mit ihrer Schilderung ziemlich deutlich dem Bericht in der Wochenzeitung "Falter": "Wir finden Lügenmärchen wie 'über 20 Ohnmächtige bei Übungsmarsch' oder '30 Kilo Marschgepäck' ungeheuerlich und respektlos gegenüber allen, die um Toni trauern."

Auch die Schikanen, von denen der "Falter" berichtet, seien nicht in dieser Art vorgefallen, meinen die Rekruten: "Ein anderer Rekrut hatte bei den Übungen am Tag vor dem Marsch Schwindelgefühl gemeldet und wurde - ohne Schikane oder irgendwelche 'Repressalien' - umgehend versorgt."

Und sie widersprechen auch der Darstellung im "Falter", dass an einem Tag "mehr als 20 Männer bei der Übung in Ohmacht gefallen sein sollen". Im Brief der Augenzeugen steht dazu wörtlich: "Nachdem beim Marsch der ersten Gruppe (Mittwoch, 2. August) sechs Rekruten wegen Blasen an den Füßen bzw. Unterzucker in die Kaserne zurückgebracht werden mussten (alle bei Bewusstsein! - keine Rede von 20 Ohnmächtigen), wurde der zweiten Gruppe am Donnerstag das Gepäck erleichtert (12 Kilo inklusive Waffe und ausreichend Trinkwasser)."

"Falter": Belastende Infos aus WhatsApp-Gruppe
Der "Falter"-Autor konterte auf diesen Augenzeugenbericht mit einem launigen Eintrag auf Twitter: Die Veröffentlichung des Briefs der Augenzeugen sei "eine liebe PR-Aktion" für das Bundesheer. Meldungen aus der WhatsApp-Gruppe der Rekruten würden die Version von 26 ohnmächtigen Rekruten belegen.

Die drei Kameraden von Toni P. haben in ihrem Brief jedenfalls eine klare Meinung: "Was wir nicht brauchen können, sind Hass aus dem Netz, mediale Hysterie und 'Fake News made in Austria'. Respektiert die Wahrheit, bleibt bei den Fakten! Einen tragischen Todesfall auszunutzen, um unserer Kompanie und dem ganzen Bundesheer schlimmste Dinge anzudichten, ist ein Schlag ins Gesicht für alle Betroffenen."

Journalistin gab sich als Mutter des Toten aus
Und die Burschen in Horn kritisieren auch, dass sich ein Medium sogar mit einer widerlichen Lüge in die Kaserne einschleichen wollte: "Vormittag erst gab sich eine Journalistin (Name und Medium bekannt) als Mutter des Verstorbenen aus, um sich Zutritt zur Kaserne zu beschaffen."

Den ganzen Brief in voller Länge finden Sie hier in PDF-Version (Teil 1 und Teil 2) und in den Bildern unten:

(Bild: krone.at-Grafik, stock.adobe.com)
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Doskozil verspricht "klarere Vorgaben"
Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) stellte am Mittwochabend in der "ZiB 2" des ORF "klarere Vorgaben" für Ausbildner in Aussicht. Ob der verhängnisvolle Marsch in Niederösterreich vorschriftsmäßig erfolgte, sei "ein Punkt, den wir uns genau anschauen müssen". Es stelle sich etwa die Frage, ob es "notwendig ist, bei derartigen Temperaturen zu marschieren".

Hans Peter Doskozil (Bild: APA/ROBERT JAEGER)
Hans Peter Doskozil

Doskozil versprach, "alle Ergebnisse der Untersuchungskommissionen offenzulegen" und gegebenenfalls Konsequenzen zu ziehen. Gleichzeitig sagte der Minister, er verwehre sich gegen Pauschalverurteilungen des Bundesheeres bzw. im aktuellen tragischen Fall gegen "Vorverurteilungen".

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