Der Streit zwischen Europa und der Türkei hat nun auch erste Folgen für die NATO. Auslöser ist dabei ausgerechnet Österreich. Ankara will nämlich alle NATO-Partnerschaftsprogramme blockieren, an denen Österreich beteiligt ist. Dies könnte wichtige Einsätze der Allianz wie im Kosovo, in Afghanistan oder im Mittelmeer gefährden oder beeinträchtigen.
Betroffen ist demnach vor allem das Programm der Partnerschaft für den Frieden, unter dessen 41 Teilnehmerländern auch Österreich ist. Die Partnerstaaten sind für die NATO wichtig, sie unterstützen das Bündnis bei Kampfeinsätzen, Trainingsmissionen, bei der Bekämpfung von Korruption im Verteidigungssektor oder bei der Vernichtung von Munition oder Landminen. Außerdem stellen sie militärische Aufklärungsergebnisse zur Verfügung.
Partnerländer-Schreiben an NATO-Chef
Wie die "Welt" weiters berichtete, hätten mehrere Partnerländer wie Schweden oder Finnland in einem Schreiben an NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg vor "sehr ernsthaften Konsequenzen der Blockade" durch Ankara gewarnt. "Langfristig kann eine Erosion unserer Interoperabilität unsere Fähigkeiten behindern, an anspruchsvollen NATO-Übungen teilzunehmen und NATO-geführte Operationen zu unterstützen", warnte etwa die finnische NATO-Botschafterin Piritta Asunmaa.
Allianz sieht "ein sehr ernstes Problem"
"Die türkische Blockade der Partnerschaftsprogramme ist ein sehr ernstes Problem", zitierte die "Die Welt" hochrangige Kreise des NATO-Bündnisses. Eine Folge der türkischen Blockade sei, dass an dem neuen Ausbildungslehrgang in der NATO-Militärakademie in Rom kein einziger Soldat aus den Partnerländern mehr teilnehme.
Doskozil: "Halten an unseren Einsätzen fest"
Österreich will sich von einer türkischen Blockade jedenfalls nicht von seinem militärischen Engagement am Westbalkan abbringen lassen. "Wir halten an unseren Einsätzen fest", sagte Verteidigungsminister Hans-Peter Doskozil am Mittwoch. Die Blockade dauere schon "seit geraumer Zeit" an und könnte "längerfristig" Probleme auslösen - "kurzfristig hat das für unsere Einsätze auf dem Westbalkan aber keine Auswirkungen". Österreich sei im Kosovo und in Bosnien-Herzegowina mit insgesamt 800 Soldaten sowie 200 Reservisten ein "wichtiger Truppensteller". "Daran wird sich in absehbarer Zeit nichts ändern." Schließlich werde das österreichische Engagement von EU und NATO geschätzt.
Österreich fordert Abbruch der EU-Beitrittsgespräche
Ankara reagiere mit der Blockade auf die österreichischen Forderungen nach einem Abbruch der EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei und auf die Kritik Wiens an der Politik von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan, hieß es. Die EU hatte unlängst damit begonnen, die im Rahmen der Beitrittsverhandlungen vorgesehene Unterstützung für die Türkei zurückzufahren. Wie der zuständige EU-Kommissar Johannes Hahn erklärte, wurden diverse Hilfsprogramme eingestellt, die zuletzt nicht die erwünschten Fortschritte brachten. "Die Türkei bewegt sich im Moment leider nicht auf Europa zu, sondern von Europa weg", so Hahn.
Video: So denken Türken in Wien über Erdogan
Die türkische Regierung hatte bereits im Vorjahr eine Blockadepolitik gegenüber Österreich auf internationaler Ebene angekündigt. Beobachter hatten insbesondere negative Auswirkungen auf den österreichischen Vorsitz in der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa erwartet, der eine wichtige Rolle bei der Beilegung des Ukraine-Konflikts spielt.
Berlin droht Türkei mit Politiker-Einreiseverboten
Angesichts abfälliger und aggressiver Attacken der türkischen Regierung in Richtung Österreich und Deutschland fordert Berlin nun offen ein Einreiseverbot für türkische Spitzenpolitiker. Deutschland habe die rechtliche Möglichkeit, die Einreise ausländischer Regierungsmitglieder zu unterbinden, sagte der Chef des Kanzleramts, Peter Altmaier, am Mittwoch.
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