Causa Eurofighter

RH-Prüferin: “Plötzlich keine Unterlagen mehr”

Österreich
31.05.2017 14:01

Am Mittwoch haben die mit Spannung erwarteten Zeugenbefragungen im zweiten Eurofighter-Untersuchungsausschuss begonnen. Als erstes Beweisthema wurde der 2007 geschlossene Vergleich von Ex-Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) mit EADS (heute Airbus) behandelt. "Als Darabos ohne den Chef der Finanzprokurator, Wolfgang Peschorn, verhandelte, gab es plötzlich keine Unterlagen mehr", kritisierte Rechnungshofprüferin Birgit Caesar-Stifter als erste Auskunftsperson.

Caesar-Stifter erklärte in ihrer Befragung, dass die Finanzprokuratur bei den Eurofighter-Verhandlungen unter Darabos nicht während des gesamten Ablaufs dabei war. "Bei den maßgeblichen Vergleichsverhandlungen war Peschorn nicht mehr eingebunden, sondern nur noch Darabos und beigezogene externe Experten. Ein Gesamturteil des Vergleichs seitens des Rechnungshofes ist daher nicht möglich gewesen", sagte sie. Ähnliche Verhandlungen ohne Dokumentation habe sie in ihren bisher 20 Jahren beim Rechnungshof nicht erlebt. Im Laufe des Tages soll Peschorn im U-Ausschuss selbst dazu befragt werden.

(Bild: APA/Erwin Scheriau, krone.at-Grafik)
Rechnungshofprüferin Birgit Caesar-Stifter (Bild: APA/HELMUT FOHRINGER)
Rechnungshofprüferin Birgit Caesar-Stifter
Wolfgang Peschorn, Chef der Finanzprokuratur (Bild: APA/HELMUT FOHRINGER)
Wolfgang Peschorn, Chef der Finanzprokuratur

Peschorn auf Wunsch Eurofighters abgezogen
Laut Caesar-Stifter sei es ein Wunsch von Eurofighter gewesen, dass Peschorn abgezogen werde. "Warum in weiterer Folge Darabos dann die Verhandlungsführung übernommen hat, das wissen wir nicht", so die Prüferin.  Über die finalen Gespräche in Paris gebe es jedenfalls "kein Fuzerl Papier" in den Unterlagen. "Wir haben gesehen, dass es einen gewissen Bruch gab", so Caesar-Stifter: Solange Peschorn in den Verhandlungen dabei war, gab es Unterlagen, die Vorgänge waren nachvollziehbar.

Dann wurde - zunächst nur mündlich - das Koziol-Gutachten beauftragt. Details darüber und wie die Eckpunkte des Vergleichs zustande kamen, konnten vom Rechnungshof nicht nachvollzogen werden. Das betraf laut der RH-Prüferin auch die Frage, wie Leistungsminderungen im Vergleich bewertet wurden: "Dazu lag uns einfach nichts vor." Laut Bundeshaushaltsgesetz hätte - wie Caesar-Stifter betonte - des Finanzministerium im Vergleich miteinbezogen werden müssen.

"Einsparungen im Darabos-Vergleich nicht nachvollziehbar"
Laut Caesar-Stifter sei für den Rechnungshof nicht nachvollziehbar gewesen, wie die Einsparungen beim Darabos-Vergleich zustande gekommen waren. Nur 267 Millionen Euro gelten für den Rechnungshof als gesichert, 370 Millionen Euro waren jedoch von Darabos versprochen worden. Von den 15 letztlich gekauften Eurofightern seien nur zwei tatsächlich neu gewesen, führte Caesar-Stifter aus.

RH-Prüferin: "Von 21 Empfehlungen wurde ein Drittel umgesetzt"
Nicht nachvollziehbar war für den Rechnungshof auch, wie sich die verrechneten 57 Millionen Euro an Abbestellungskosten für die drei stornierten Flieger zusammengesetzt hatten. Auch warum die Republik auf 5,1 Millionen Euro an Pönalzahlungen für Lieferverzögerungen verzichtete, habe man sich nicht erklären können. Zwar sei im Vergleich festgelegt worden, dass Schadenersatzforderungen gegenseitig aufgerechnet würden, für Forderungen seitens Eurofighter habe man aber keine Grundlage gefunden, so die Rechnungshofprüferin. Laut  Caesar-Stifter habe es vom Rechnungshof Follow-up-Empfehlungen für den Verteidigungsminister gegeben. "Von 21 Empfehlung wurde ein Drittel umgesetzt, ein Drittel teilweise und ein Drittel gar nicht", so Caesar-Stifter.

Am Mittwoch starteten die Zeugenbefragungen im Eurofighter-U-Ausschuss. (Bild: APA/HELMUT FOHRINGER)
Am Mittwoch starteten die Zeugenbefragungen im Eurofighter-U-Ausschuss.

112.000 Euro für Darabos' Zivilrechtsexperten
Darabos' Zivilrechts-Experte Helmut Koziol erhielt für seine Beratertätigkeit schlussendlich übrigens 112.000 Euro. Der ursprüngliche Auftrag wurde mündlich vergeben und lag mit 39.000 Euro knapp unter der damaligen Obergrenze für die freihändige Auftragsvergabe (40.000 Euro), wie die Prüferin sagte. Koziol stellte unter anderem fest, dass ein Ausstieg aus dem Eurofighter-Deal zum Nulltarif nicht möglich wäre.

RH kritisierte Darabos-Vergleich bereits 2008 und 2013
Der 2007 geschlossene Vergleich von Darabos ist das erste Beweisthema des U-Ausschusses. Anstatt des von der SPÖ im Wahlkampf 2006 versprochenen Ausstiegs aus dem ungeliebten Abfangjäger-Deal der schwarz-blauen Regierung brachte die Einigung mit Eurofighter eine Reduktion der Stückzahl von 18 auf 15 Jets. Diese stammten aus der älteren ersten Baureihe und nicht aus der zweiten Tranche. Vom Rechnungshof wurde der Vergleich bereits in zwei Berichten (2008 und 2013) heftig kritisiert.

(Bild: APA/Helmut Fohringer)
(Bild: APA)

Pilz: "312 Millionen Euro Schaden durch Darabos-Vergleich"
Der Grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz ortete unlängst beim 2007 gezogenen Darabos-Vergleich "Geschenke" in dreistelliger Millionenhöhe in Richtung des Flugzeugherstellers. Die Republik Österreich habe durch den Vergleich unter Darabos auf Ansprüche von in Summe 312 Millionen Euro verzichtet, sagte Pilz am Montag. Die Grünen informieren übrigens ab sofort auch über den Messenger-Dienst WhatsApp über das Thema: Gemeinsam mit Gabriela Moser wird Pilz über diesen Kanal direkt aus dem Ausschuss berichten.

(Bild: Zwefo)
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