Der Werbeclip, in dem Kanzler Christian Kern (SPÖ) als Pizza-Bote verkleidet auftritt, löst bei ÖVP-Generalsekretär Werner Amon Zweifel an der politischen Ernsthaftigkeit des Regierungschefs aus: "Ich habe den Eindruck, die SPÖ hat am Wahlkampf mehr Freude als an der Arbeit." Von der FPÖ erntet Kern für sein Video bösen Spott.
"Statt lauwarme Pizza zu liefern, sollte sich der Bundeskanzler besser um die Abschaffung der kalten Progression kümmern", sagt ÖVP-General Werner Amon im Gespräch mit der "Krone". Kerns Verkleidung als Pizza-Bote wertet Amon als Bestätigung dafür, dass der SPÖ-Chef "auch im Video seiner Linie von 95 Prozent Inszenierung treu bleibt".
"Kern wird Pizza-Bote, ein anderer Kanzler"
Ähnlich äußert sich dazu auch FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache gegenüber der "Krone". Für Strache ist der Werbeclip mit "Pizzakanzler" Kern "Inszenierung pur". Strache: "Vielleicht wäre es besser, Kern wird Pizza-Bote und ein anderer Kanzler." Kerns "Versuch, sich als bürgernaher Politiker darzustellen, ist nicht glaubwürdig", so der FPÖ-Obmann, der den Regierungschef dazu aufruft, sich "endlich ernsthafter politischer Arbeit zu widmen".
Auch der freiheitliche Generalsekretär Herbert Kickl ist vom "Auftritt des Kanzlers als Pizzaboy Chris negativ überrascht". Kickl: "Viel peinlicher und tiefer geht es wohl bald nicht mehr bei den Sozialdemokraten."
"Es sind alles Kunden der 'Pizzeria Amore'"
ÖVP und FPÖ bringen auch den in der Nacht auf Donnerstag über diverse soziale Medienkanäle lancierten Verdacht ins Spiel, dass ein "Normalbürger, den Kanzler Kern als Pizzalieferant besucht, zufällig im SPÖ-geführten Sozialministerium arbeitet und dieser obendrein noch für die SPÖ kandidiert hat".
Gegen diesen Verdacht wehrt sich jedoch die SPÖ entschieden. "Niemand der besuchten Personen wusste, dass der Bundeskanzler kommt. Alle im Video vorkommenden Menschen sind Kunden der 'Pizzeria Amore' in Wien", heißt es aus der Parteizentrale in einer Erklärung zu den von ÖVP und FPÖ erhobenen Vorwürfen.
"Ein Politikvideo in der Form gab es noch nie"
SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler freut sich über die vielen Zugriffe auf den Werbeclip mit dem "Pizzakanzler": "Ein Politikvideo in der Form gab es noch nie."
Kommentar: Wahlkampf ohne Wahl
In der SPÖ-Zentrale herrschte am Donnerstag von oben verordnete Jubelstimmung. Der oberste Parteimanager ließ in einer halb amtlich formulierten Verlautbarung wissen, dass Christian Kerns kurzer Werbespot als "Pizzakanzler" mit 500.000 Abrufen auf Facebook "eine Schallmauer durchbrochen" hat.
Wo es vor Erfindung des Internets noch 15 Minuten Ruhm sein mussten, reichen heute vielleicht schon dreieinhalb Minuten Aufmerksamkeit, um einen politischen Marketingerfolg zu landen. Möglicherweise konnte Kern mit dem aufwändig produzierten Pizza-Clip tatsächlich eine neue Fangemeinde gewinnen. Das einzig verlässliche Messergebnis dazu wird das Wahlergebnis sein.
Womit wir beim eigentlichen Problem sind: Die Republik befindet sich in einem Wahlkampf ohne Wahltermin. Bei unseren Nachbarn läuft das anders. Da weiß jeder, dass am 24. September gewählt wird. Dennoch schaffen es Bundeskanzlerin Angela Merkel von der CDU und Außenminister Sigmar Gabriel von der Konkurrenzpartei SPD, bei wichtigen Fragen wie beispielsweise zum Türkei-Referendum eine gemeinsame Erklärung abzugeben.
Der verantwortungsvolle Umgang mit Staatsfunktionen ist in Berlin ganz selbstverständlich. Unabhängig davon, ob nun Wahlkampf ist, oder nicht.
Claus Pándi, Kronen Zeitung
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