Jede Menge Kritik

In Wiener SPÖ tobt wilder “Streit auf dem Balkon”

Österreich
05.01.2017 16:50

Gestritten wird im Wohnzimmer, nicht auf dem Balkon - so sagt es Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) gerne. Bloß: Auf dem Balkon scheint es den Genossen mehr Spaß zu machen. Auch am Tag nach seinen TV-Interviews wird nicht mit Kritik gespart. Am Donnerstag sprach Christian Deutsch, Ex-Landesparteisekretär, den Stadt-Chef erneut auf seine Nachfolge an.

Wie schon in der Vergangenheit, hält sich Christian Deutsch auch dieses Mal nicht zurück. Häupl kündigte in der Mittwochausgabe der "Krone" ja eine Personalrochade in der Wiener SPÖ an, noch im Jänner könnte sie über die Bühne gehen. "Es darf jetzt nicht bei Ankündigungen bleiben", so Deutsch.

"Unwürdiges Schauspiel in Simmering"
"Wenn man sich die Debatte der vergangenen Tage ansieht, etwa in Simmering, dann ist das ein unwürdiges Schauspiel." Deutsch weiter: "Hier werden Kollegen anonym und feige diffamiert, persönlich angegriffen und öffentlich beleidigt." Es seien "anonyme Heckenschützen", die es etwa auf Wohnbaustadtrat Michael Ludwig abgesehen hätten, den viele in der Partei gerne als Bürgermeister sehen würden. Deutsch forderte Häupl einmal mehr auf, seine Nachfolge zu regeln.

Der SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch ist nur einer von vielen Wienern mit einem Zweitwohnsitz am Neusiedler See. (Bild: Andi Schiel)
Der SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch ist nur einer von vielen Wienern mit einem Zweitwohnsitz am Neusiedler See.

"Wähler wissen nicht mehr, wohin Reise geht"
"Die Botschaft für die Wähler war nicht eindeutig, sie wissen nicht, wohin die Reise gehen wird", sagt nun Meinungsforscher Peter Hajek: "In der Sozialdemokratie sind sich führende Persönlichkeiten, freundlich formuliert, nicht mehr geheuer." Die Gerüchteküche brodelt munter weiter, sogar Christoph Peschek, Geschäftsführer Wirtschaft des SK Rapid, könne in die SPÖ zurückkehren, heißt es bereits.

Für den Politikwissenschaftler Peter Filzmaier ist die entscheidende Frage: "Welcher Flügel entscheidet die Machtfrage für sich? Und: Wird jemand zur starken Person gemacht? Ein prominenter Quereinsteiger? Oder bleibt Häupl bis 2020? Alles ist möglich." Bleibt Häupl, so "ist eine offene Revolution gegen ihn am Landesparteitag unwahrscheinlich".

Politologe Peter Filzmaier (Bild: Martin Jöchl)
Politologe Peter Filzmaier

Nur die Opposition kann jubeln
Wirklich freuen über die Balkon-Szenen kann sich nur die Opposition. Die Freiheitlichen schießen sich vor allem auf die Stadträtinnen Sonja Wehsely und Renate Brauner ein, die ÖVP will zudem auch Sandra Frauenberger loswerden.

Michael Pommer und Isabella Kubicek, Kronen Zeitung

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