Alles beim Alten, die Regierung wurschtelt weiter. Nichts ist es geworden mit der raschen Umsetzung der vielen Ankündigungen, mit dem gemeinsamen Arbeiten, mit den zahlreichen anzugehenden Reformen. Der Ministerrat konnte sich auf keine wirtschaftspolitischen Beschlüsse einigen. Dennoch betont die Koalition mit guter Miene: Es gebe keinen Konflikt.
ÖVP-Staatssekretär Harald Mahrer hatte am Dienstag offenbar einen besonders launigen Tag. Man lebe "erfreulicherweise nicht in einer nordkoreanischen Meinungsdiktatur", so der schwarze Regierungskoordinator, der nach dem Ministerrat die schwierige Aufgabe hatte, das angeblich gute Klima in der Koalition zu preisen. Und Mahrer betonte auch, dass man sich darauf geeinigt habe, "dass wir zuerst die Eier ins Nestchen legen wollen und dann gemeinsam gackern". Überschneidungen sehe er überall, so der Staatssekretär.
In der Wortwahl etwas zurückhaltender, aber sonst auch sehr um gute Stimmung bemüht, gab sich der rote Regierungskoordinator, Kanzleramtsminister Thomas Drozda: "Wir werden Gemeinsamkeiten, wie wir sie in Aussicht gestellt haben, Anfang Februar präsentieren."
Doch keine rasche Umsetzung von Kerns "Plan A"
Dass die geplante rasche Umsetzung der ersten Punkte aus dem sogenannten Plan A von Bundeskanzler Christian Kern gescheitert ist, darauf gingen Mahrer und Drozda nicht ein. Der Spott kam postwendend: "Nomen est omen - Plan A(nkündigung) bleibt die zu erwartende Nullnummer in der Umsetzung. Der altbekannte politische Alltag hat SPÖ und ÖVP sehr rasch wieder eingeholt", so FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl.
Eher ungewöhnlich ist, dass nun auch Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) nicht einer Meinung sind. Sobotka hatte Containerdörfer als Wartezonen für Flüchtlinge vorgeschlagen, Doskozil lehnt dies strikt ab. "Das ist nicht der richtige Weg", sagt der Verteidigungsminister, der in den Containerdörfern ein "massives Sicherheitsrisiko" sieht. In zwei Wochen wollen SPÖ und ÖVP ihr überarbeitetes Regierungsprogramm vorlegen. Der Glaube daran schmilzt jedoch immer weiter.
Kommentar: Ein echter Schenkelklopfer
Gibt es neben dem Wort und dem Unwort des Jahres eigentlich auch das Scherzwort des Jahres (oder der Legislaturperiode)? Ein Vorschlag: Neustart. Ein echter Schenkelklopfer, den SPÖ und ÖVP da immer wieder bringen. Muss die Koalition schon selbst über ihren Wahnsinnswitz lachen? War das der Grund, warum einige Mitglieder der Regierung am Dienstag nach dem Ministerrat ihr breitestes Grinsen aufsetzten und um die Wette strahlten? Und dabei betonten, dass es keinen Konflikt gebe, die Stimmung gut sei und dass man "gemeinsam gackern" werde? Echt lustig! Aber halt leider völlig daneben. Die Stimmung in der Koalition ist nach all den Grundsatzreden der vergangenen Tage, die mehr Wahlkampfauftakt als gemeinsames Arbeitsprogramm waren, an einem neuen Tiefpunkt angelangt.
Auch das Treffen der Regierungsspitze am Montagabend soll dem Vernehmen nach weder harmonisch noch konstruktiv verlaufen sein. Die SPÖ ist sauer wegen der erneuten Asyl-Obergrenzen-Debatte und weil die ÖVP nicht auf die rasche Umsetzung des "Plan A" von Kanzler Kern aufgesprungen ist und zwei eher unternehmerfreundliche Vorschläge abgelehnt hat. Die ÖVP wiederum schäumt wegen der neuerlichen SPÖ-Forderung nach Erbschaftssteuer und Wertschöpfungsabgabe. So könnte der Regierung selbst das aufgesetzte Grinsen bald vergehen. Laut Insidern entscheidet sich in den nächsten zwei Wochen das Schicksal der Koalition.
Doris Vettermann, Kronen Zeitung
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