Nach der Vorstellung des türkisen Wahlprogramms am Dienstagvormittag hat Außenminister und ÖVP-Spitzenkandidat Sebastian Kurz am Abend im ORF das 250 Seiten starke Werk im Interview mit Moderator Armin Wolf diskutiert. Vor allem die Themen Steuererleichterungen und die Kürzung der Mindestsicherung als Reaktion auf die massenhafte Migration in den letzten Jahren sind Kurz ein Anliegen. In diesem Zusammenhang betonte der ÖVP-Chef, dass "der Sozialstaat vor Zuwanderung geschützt" werden müsse.
Natürlich wolle er weiterhin an der Niederlassungsfreiheit der EU festhalten. Diese sehe aber vor, dass die Menschen, die sich im Ausland ansiedeln, dort arbeiten möchten/können. Die Kürzung von Sozialleistungen für ausländische Staatsbürger während der ersten fünf Jahre ihres Aufenthalts in Österreich sieht Kurz als logische Folge, denn das Sozialsystem könne nur funktionieren, wenn mehr eingezahlt als daraus entnommen würde.
Kürzung von Sozialhilfe "rechtlich machbar"
Probleme bei der Umsetzung sieht Kurz nicht, wie er im "ZiB 2"-Studio erklärte. Einen ähnlichen "Bonus" hätten nämlich die Briten erhalten, bevor sich die Bevölkerung knapp in einem Referendum doch zum Brexit bekannt habe. Das sei daher EU-rechtlich durchaus machbar.
Bei den Steuererleichterungen habe die ÖVP vor allem Klein- und Mittelverdiener und Familien im Fokus, erläuterte Kurz. Daher habe man gezielt die untersten drei Einkommensstufen für die Entlastung herangezogen. Da man sich auch zum langfristigen Ziel der Reduzierung der Schuldenquote und des Budgetdefzitis bekenne, wolle man die finanziellen Entlastungen für die angesprochenen Gruppen ohne neuen Steuern - also keine Rede von einer Erbschaftssteuer - schaffen: "Wenn sich die Prognosen bewahrheiten, dann wird ein Drittel des Pakets im Umfang von zwölf Milliarden Euro allein durch Wirtschaftswachstum finanzierbar sein." Effizienzsteigerungen und Ausgabenkürzungen sollen das restliche Volumen abdecken.
"Liberales und christlich-soziales" Wahlprogramm
Bei der Vorstellung des Wahlprogramms sprach Kurz von "liberalen und christlich-sozialen" Maßnahmen - ganz wie er sich selbst sehe. Die Pläne seien "ambitioniert, aber machbar". Kurz verwies auf die vier Leitlinien des Programms. Zum ersten: "Wer arbeitet und Leistung erbringt, darf in Österreich nicht der Dumme sein." Wer Leistung beziehen will, müsse zuerst Leistung erbringen, denn der Sozialstaat könne nur funktionieren, wenn alle einzahlen. Wem Leistung zusteht, der solle sie unbürokratisch bekommen und zuletzt: "Wer sich selbst nicht helfen kann, dem muss geholfen werden."
Ex-Rechnungshofpräsident: "Österreich hat Ausgabenproblem"
Mit dabei war auch der Listendritte, Ex-Rechnungshofpräsident Josef Moser. Seiner Erfahrung nach würden die Mittel der Steuerzahler in Österreich nicht effizient genug verwendet, das Land habe daher seine Rolle als Vorzeigeland eingebüßt. Bei der Steuerquote - 43 Prozent - liege man etwa über dem EU-Schnitt und: "Wir haben kein Einnahmenproblem, sondern ein Ausgabenproblem und Effizienzproblem." Um die Wirtschaft anzukurbeln und die Bürger zu entlasten, brauche es daher eine Steuer- sowie Gebührensenkung, forderte Moser.
Österreich brauche auch Strukturreformen. Konkret pochte er auf eine Steuersenkung auf 40 Prozent, eine Ausgabenbremse und einen effizienten Einsatz der öffentlichen Mittel. Bei Nichteinhaltung der Schuldenbremse brauche es außerdem Sanktionen. Moser plädierte auch dafür, die Themen Umwelt, Soziales und Wirtschaft gesamt zu betrachten.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.