Wer geglaubt hat, nach dem Ringen um das neue Arbeitsabkommen der Koalition kehren Ruhe und Routine in die Regierung ein, hat sich gründlich geirrt. Nach dem "Plan A" von Kanzler Christian Kern und turbulenten Verhandlungen zwischen SPÖ und ÖVP laufen nun intensive Planungen für personelle Veränderungen des Regierungsteams. Der Zeitpunkt für die Umbildung der Koalition ist offen, im Kanzleramt gibt es aber bereits am Sonntag Gespräche im engsten Kreis.
Nach den jüngsten Schwierigkeiten in der SPÖ um eine missverständlich an die Öffentlichkeit geratene Parteistrategie soll Kern einige Entscheidungen beschleunigen wollen. Dabei geht es dem Regierungschef dem Vernehmen nach sowohl um eine inhaltliche Professionalisierung als auch um einen deutlich verbesserten Außenauftritt seines Teams. Vertraute des Bundeskanzlers sind seit Mitte der Woche ausgeschwärmt, um nach möglichen Kandidaten für Ministerfunktionen zu suchen.
Gesucht wird zudem noch eine profilierte Chefdenkerin, die auch in der Lage ist, die Absichten und Inhalte der Kanzlerpartei der Öffentlichkeit verständlich mitzuteilen. Geschäftsführer Georg Niedermühlbichler soll künftig eher nur hinter den Kulissen für organisatorische Arbeiten zuständig sein.
Spekulationen um ÖVP-Ablösekandidaten
Ähnlich läuft es auch in der Umgebung von Vizekanzler und ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner, der bereits mehrfach Anlass für Spekulationen über eine Regierungsumbildung gegeben hatte. Unter anderem war dabei von der Ablöse von Familienministerin Sophie Karmasin, Justizminister Wolfgang Brandstetter und Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter die Rede gewesen.
Innenministerium an SPÖ?
Brandstetter und Karmasin finden sich aber aktuell nicht mehr ganz oben auf der Prioritätenliste notwendiger Veränderungen. Derzeit konzentriert sich das Lager rund um Mitterlehner auf Innenminister Wolfgang Sobotka, der ersetzt oder gegen SPÖ-Minister Hans Peter Doskozil getauscht werden soll. Das würde auch ins Konzept der SPÖ passen, die ihr Profil beim Thema "innere Sicherheit" deutlich schärfen will.
Allerdings ist Sobotka nicht nur einer der wichtigsten Mitstreiter des populären Außenministers Sebastian Kurz, auch in den Bundesländern hat der als außerordentlich robust geltende Innenminister wichtige Anhänger. Zuletzt hat Klaus Schneeberger, der als wichtiger Vertrauter des ÖVP-intern noch immer einflussreichen niederösterreichischen Landeshauptmanns Erwin Pröll gilt, dem Innenminister die Mauer gemacht: "Wer sich nicht hinter Wolfgang Sobotka stellt, stellt sich hinter linke und rechte Radikale", lautet die unmissverständliche Botschaft aus St. Pölten.
ÖVP-Machtkampf geht in nächste Runde
Auch wenn der hartnäckige Vizekanzler und der populäre Außenminister bisher den Konflikt auf offener Bühne vermeiden, geht das Ringen um die Führung der ÖVP hinter den Kulissen jetzt in die nächste Runde. Mittlerweile fürchten die jeweiligen Anhänger, dass durch den quälenden Machtkampf am Ende beide beschädigt dastehen könnten. Der Showdown ist unvermeidbar.
Verteidigung statt Verkehr
Für den Fall, dass Verteidigungsminister Doskozil das Innen-Ressort übernimmt, könnte ihm Verkehrsminister Jörg Leichtfried folgen. Leichtfried soll bereits unter Bundeskanzler Werner Faymann sein Interesse an den Heeres-Aufgaben angemeldet haben. Im Gegenzug könnte der sich seit Langem für Höheres berufen fühlende ÖVP-Staatssekretär Harald Mahrer mit einem Ministerium, das Infrastruktur und Forschung vereint, befriedigt werden.
Personalreserve für Ministerjobs
Für eine Regierungsumbildung ist in beiden Koalitionsparteien das Angebot qualifizierter Persönlichkeiten mittlerweile deutlich beschränkt. Als ministrabel gilt in der ÖVP die von Mitterlehner immer wieder favorisierte Raiffeisen-Managerin Michaela Steinacker.
In der SPÖ sieht man die Wissenschaftlerin und medizinische Sektionschefin Pamela Rendi-Wagner als perfekt für eine politische Führungsaufgabe an.
Wegen seiner besonderen Fähigkeiten wird der 46-jährige Jurist und Direktor der niederösterreichischen Arbeiterkammer, Joachim Preiss, von der SPÖ-Spitze als Wunschbesetzung für einen Ministerposten gehandelt.
Claus Pándi, Kronen Zeitung
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