Nagl an Kritiker:

“Der kann ja nach Wien gehen!”

Steiermark
25.06.2017 16:42

Vor knapp drei Monaten haben der Grazer VP-Bürgermeister Siegfried Nagl und sein FP-Vize Mario Eustacchio ihren schwarz-blauen Koalitionspakt "Agenda Graz 22" präsentiert. Für welches gesellschaftspolitische Modell stehen die beiden? Nagl und Eustacchio fordern etwa mehr Leistungsbereitschaft ein. Die Linken würden Arbeit als Übel sehen und in Graz kämen nun jene zuerst, die schon länger in der Stadt leben…

Wie fällt Ihre erste Bilanz der Zusammenarbeit aus?

Siegfried Nagl: Besser als wir beide erwartet haben. Wir stimmen uns intensiv ab. Uns ist der Faktor Geschwindigkeit wichtig. Wir haben innerhalb kürzester Zeit den Flächenwidmungsplan beschlossen, ein Doppelbudget erarbeitet, wir haben neue Regeln für die Sozialcard und den Gemeindebau vorgestellt.

Mario Eustacchio: Das kann ich alles unterstreichen. Es läuft sehr gut. Ich möchte noch die Sauberkeits-Offensive anführen. Wir wollen keine Ankündigungspolitik, die Grazer werden sehen, dass etwas weiter geht. Ich freue mich besonders, dass jene enttäuscht werden, die gemeint haben, dass Schwarz-Blau krachend scheitern würde.

Eine Kritik ist oft zu hören: Schwarz-Blau würde Sozialabbau betreiben. Für die Reformen beim Zugang zum Gemeindebau (Grazer sollen bevorzugt werden) und bei der Sozialcard wurden Sie als Rechtspopulisten gescholten.

Nagl: Beim Populismus sind die linken Parteien in Graz nicht zu schlagen. Unser Budget zeigt deutlich, dass die Gelder für den Sozialbereich nicht weniger sondern mehr werden. Auch im Wohnungsbereich wird mehr getan als bisher. Es wird alles nur anders getan. Wer den Unterschied einer linken Politik und einer Politik von Mitte-Rechts erleben will, der wird sich das künftig in Graz genau anschauen können. Ich denke daran, was sich in Wien im Sozialbereich abspielt. Da kommen Menschen, die erhalten eine Gemeindewohnung und Geld. Und die bei uns über Jahrzehnte eingezahlt haben und fleißig waren, die kommen nicht an diese Summen heran, die da verteilt werden. Wer das möchte, der kann ja gern nach Wien gehen.

Harte Worte…

Nagl: In Graz sagen wir klar, dass wir eine leistungsorientierte Gesellschaft sind, die auf die Schwächsten nicht vergisst. Wir wollen ganz Österreich beweisen, dass eine gute Wirtschaftspolitik den Menschen Zukunft gibt. Wir wollen die Menschen nicht mit der Mindestsicherung abspeisen.

Eustacchio: Unsere Art der Politik in Graz ist sozialer und fairer als sie es in der Vergangenheit war. Wir nehmen nicht die Gießkanne, wir wollen treffsicher helfen. Wir wollen in Graz auch keine Anreize durch zusätzliche Sozialangebote schaffen, um von überall her Menschen anzulocken, die nur ins Sozialsystem wollen. Wien ist da ein abschreckendes Beispiel. Wir können all diese Sozialangebote ja nicht mehr finanzieren.

Nagl: In Graz ist auch die Sozialpolitik abgewählt worden. Das Sozial-Ressort war seit 1945 immer bei der SP. Nicht wir haben der SP das Ressort abgenommen, sondern die Bevölkerung hat das bei der Wahl getan. Wir werden Österreich beweisen, dass es gut ist, wenn auch der Sozialbereich von VP und FP geführt wird. Die populistische Politik der KP ist auch keine, die uns dauerhaft Verbesserung bringt.

Die KP wurde aber nicht abgewählt! Die hat sogar zugelegt, wenn auch nur minimal.

Nagl: Allerdings auch mit dem Kauf von Stimmen und mit vollkommen falschen Informationen. Die KP macht auf karitativen Verein und zahlt Geld aus. Die Aufgabe von Politik muss aber sein, den Menschen eine echte Chance zu geben. Eine kurzzeitige Überbrückung ja, aber es muss die Möglichkeit geben, wieder zurück in eine geregelte Arbeit zu kommen. Arbeit kann auch Freude bereiten im Leben, Arbeit wird bei den linken Gruppierungen, sei es SP, Grüne oder KP, aber immer als Übel angesehen, dass es nur zu verkürzen gilt.

Eustacchio: Die KP hat versucht, eine Almosenpolitik zu betreiben und Abhängigkeiten zu schaffen. Das haben sie mit echtem Geld aber auch mit Versprechungen im Wohnbereich getan. Die KP hat vorgegaukelt, sie hätte Gemeindewohnungen gebaut, sie würde die Schlüssel dazu verteilen. Das ist unseriös. Es ist immer das Geld des Steuerzahlers, das hier investiert wird. Die Kommunisten haben auch einen seltsamen Zugang zum Rechtsstaat. Dort, wo ihnen die Rechtslage nicht passt, wie beim Murkraftwerk, wollen sie den Rechtsstaat einfach aushebeln.

Bürgermeister Nagl hat gemeint, er könne sich Schwarz-Blau in Graz durchaus auch für zehn Jahre vorstellen.

Eustacchio: Die Grazer haben uns gewählt und bezahlen uns. Die Grazer erwarten, dass wir für sie arbeiten. Das tun wir jetzt fünf Jahre. Es spricht derzeit nichts gegen weitere fünf Jahre. Das letzte Wort hat der Wähler.

Nagl: Nach unseren bisherigen Reformen gab es keinen Aufschrei in der Bevölkerung. Das wundert mich nicht. Die Menschen haben viele Dinge einfach satt und freuen sich darüber, dass diese Reformen endlich angegangen werden. Wenn ich aus der Stadtkasse Geld nehme und sage: Das ist jetzt zuerst einmal für die Grazer, für die, die schon lange da sind, die in Graz schon lange mittun, dann empfinden das die meisten als richtig. Dass es immer welche geben wird, die links stehen und nur versuchen, ein Feindbild zu errichten, damit ihre eigenen Mängel nicht aufgedeckt werden, ist eben so.

Eustacchio: Wir wollen, dass die Menschen Eigenverantwortung übernehmen. Die linken Ideen sind meistens so ausgerichtet, dass der Staat alles verwaltet und die Menschen in ihrer Selbstständigkeit beeinträchtigt. Das ist der falsche Ansatz, widerspricht der Freiheit des Individuums. Du musst stützen, wo es notwendig ist, dazu bekennen wir uns. Aber der Mensch muss von sich aus bereit sein, Leistung zu bringen und der Gesellschaft etwas zurückgegeben. Nur dann kann es funktionieren. Da unterscheiden wir uns gravierend von SP, KP und den Grünen.

Schwarz-Blau wäre auch der richtige Weg im Bund?

Nagl: Für mich ist das vorstellbar.

Eustacchio: Über das Inhaltliche hinaus hängt es immer von den handelnden Personen ab. Können die Menschen, können die Politiker miteinander? Ich bin jedenfalls nicht in die Politik gegangen, um alles schlecht zu reden, sondern um zu gestalten. Und das tun wir beide jetzt gemeinsam.

Nagl: Gerade in der Kommunalpolitik macht es keinen Spaß, dauernd gegen etwas zu sein. Es macht viel mehr Spaß zu gestalten.

Welche Projekte stehen demnächst an?

Nagl: Ein großes Thema ist natürlich die Infrastruktur, etwa der Bim-Ausbau in Graz. Die Smart City und Reininghaus werden umgesetzt.

Bei Reininghaus spießt es sich. Sind Sie da auch so zuversichtlich, Herr Vize-Bürgermeister?

Eustacchio: Ja, bin ich.

Von: Gerald Richter

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