Steiermark trauert

Josef Krainer ist tot

Steiermark
30.12.2016 12:04

Die Steiermark trauert: Josef Krainer, von 1980 bis 1996 Landeshauptmann unseres Bundeslandes, ist nach schwerer Krankheit im 87. Lebensjahr gestorben. Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer zeigt sich tief betroffen: "Seine Volksverbundenheit machte ihn zum Landesvater, sein politischer Weitblick und seine Weltoffenheit zum Staatsmann. In seinen 16 Jahren als Landeshauptmann hat er unsere Steiermark nachhaltig geprägt". Ein Nachruf.

In den 1970ern, während Bruno Kreisky Österreich gesellschaftspolitisch umkrempelte, hat Krainer als junger Landesrat und geschäftsführender Parteiobmann der Steirischen Volkspartei mit dem Totalumbau der Steiermark begonnen. Auf einen kurzen Nenner gebracht: Die
Steiermark wurde zwischen 1970 und 1995 von einem ziemlich arm daherkommenden Agrarland, mit einer immer mehr heruntergewirtschafteten verstaatlichten Industrie, weit hinten im österreichischen Bundesländer-Ranking, ganz nach vorne an die Spitze gepusht!
Als Josef Krainer am 17. Dezember 1995 in einem Akt eines beispiellos würdevollen Rücktritts - nach einem Verlust von acht Prozentpunkten - sein Amt niederlegte, war die Steiermark ein anderes Land. Ein völlig neu aufgestelltes, international wettbewerbsfähiges Industrieland; die Grüne Mark spielte mit den Investitionen ins Thermenland und in die obersteirischen Skiregionen plötzlich ganz vorne im österreichischen Tourismus mit; der große Strukturwandel in der Landwirtschaft sah völlig unerwartet eine junge Generation steirischer Weinbauern im absoluten Spitzenfeld Österreichs.

Viel Kampfgeist

Wo man früher nur unter akuter Gesundheitsgefährdung  steirische Weine hinunterschüttete, genießt Mann/Frau heute in malerischer Landschaft Spitzenwein-Kultur.
Als Krainer das Straßenbauressort Anfang der 70er übernahm, gab es praktisch - mit Ausnahme eines kleinen Zipferls der Südautobahn - kein überregionales Straßennetz. Alles heute unvorstellbar, aber seinen ganzen Kampfgeist musste er auspacken, um die unfassbare Groteske namens "Plabutschtunnel" aufzulösen.

Gar nicht so sehr, dass der damalige Grazer Bürgermeister Gustav Scherbaum allen Ernstes die Autobahn mitten durch das Grazer Stadtgebiet jagen wollte, fanden sich auch noch "Experten", die jahrelang behaupteten, aufgrund der geologischen Gegebenheiten würde wohl niemals ein Fahrzeug durch diesen Tunnel fahren können. Geistige InfrastrukturNeben dem Hochfahren der Verkehrsinfrastruktur bildete das Glanzstück der Krainer’schen Politik sein unermüdlicher Einsatz für die geistige Infrastruktur des Landes, für Wissenschaft, Kunst und Kultur. Von der Forschungsgesellschaft Joanneum über die "Grazer Schule der Architektur", die lange Zeit in der europäischen Champions League spielte, bis zur Styriarte, all das trug die geistvolle, kunstsinnige, perspektivische Handschrift dieses hochgebildeten Politikers.

Die 25 besten Jahre

Ja, selbst Herr Mateschitz könnte heute nicht "Spielberg" bespielen, wenn nicht Krainer senior und dann der "Landes-Joschi" die Voraussetzungen dafür geschaffen hätten. Es waren wohl die 25 besten Jahre der weiß-grünen Mark, in denen der Verstorbene die politische Strategie dieses Landes führend - zuerst als Statthalter Friedrich Niederls, dann eben selbst als Landeshauptmann - bestimmte. Niemals zuvor und auch seither nicht hat sich das Land dermaßen fundamental zum Besseren gewandelt.
Kein Politiker dieser Zeit - außer Bruno Kreisky -  vermochte einen so faszinierenden Intellekt mit einer so außerordentlichen Gestaltungskraft in sich zu vereinen. Und es war die letzte Epoche, wo der eigenartig konstruierte österreichische Föderalismus im Wechselspiel Bund/Länder noch zu  wechselseitiger Befruchtung führte,  nicht zum gegenseitigen zerstörerischen Belagerungszustand.

Die steirische Breite

Josef Krainer war der Inbegriff der "ganzen steirischen Breite", tief verwurzelt in der  Lebenskultur des Landes, weltgewandt auf jeder nationalen wie internationalen Bühne.
Einer der Lieblingssager von Bruno Kreisky lautete: "Dankbarkeit ist keine politische Kategorie." So mussten schließlich er, wie auch andere Größen der Politik, von Winston Churchill bis Helmut Kohl, einem jeweils neuen Zeitgeist ihren Tribut zollen.
So auch Josef Krainer: In seine Regierungszeit fiel der epochale Zusammenbruch des Kommunismus und schlussendlich auch noch Österreichs EU-Beitritt.
Die alles Ländergeschehen überlagernde rotweißrote Innenpolitik wurde aber immer mehr zu einer lockeren Beute eines völlig neuen systemunterlaufenden Politikstils, siegestrunken verkörpert in der Person Jörg Haider. Von ’86 beginnend, zertrümmerte der skrupellose, charismatische Verführer über knapp zwei Jahrzehnte rot-schwarze Länder- und Bundesbastionen.Gegen "leere Schädel"Gerade weil  Josef Krainer gegen jede Politik "des leeren Schädels, aber vollen Herzens" war, gegen jedwede heimelige Mediokrität; sich nicht beteiligen wollte an medial aufgeladenen Wettbewerben eitler Unterhaltungshäuptlinge, so gar keinen Bock hatte auf parteipolitische Schnellschussorgien einer Augenblicksgesellschaft, ließ er sich nicht vom  medialen Zeitgeist zur Ordnung rufen und stellte sich taub für das Spiel einer aufkeimenden Medienwelt, den Dauerkarneval der täglichen Belanglosigkeit. Ein Ende mit Würde und ohne Bitterkeit.

Die letzten Monate

Die letzten Lebensmonate waren geprägt mit schwerer, mit viel Geduld ertragener  Krankheit. Lediglich die Besuche von guten Freunden haben das Leid ein wenig erträglicher gemacht. Arnold Schwarzenegger war ebenso darunter, wie  Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer, Bischof Willi Krautwaschl und natürlich die Familie, der wir viel Kraft in diesen schweren Stunden wünschen.

Der Autor des Nachrufs, Gerhard Hirschmann, war ab 1983  VP-Landtagsmandatar, von 1993 bis 2003 Landesrat, danach Vorstand der EStAG. Heute ist er Unternehmer.

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