Raus aus dem Taxi, rein mitten ins Geschehen: Eine kleine Menschenmenge schart sich aufgeregt um den Gitterverschlag in einem Restaurant neben einer albanischen Bergstraße. Zwischen den schaulustigen Einheimischen hantieren Mitarbeiter der Tierschutzorganisation "Vier Pfoten" mit Infusion, Sauerstoffmaske und Mikrochip. Am Boden liegt "Gjina" - betäubt, mit verfilztem Fell und viel zu mager. Es ist der Beginn einer Rettungsmission im Namen der Bären.
Zerquan, ein Dorf mitten in Albanien, umgeben von grünen Hügeln, fast idyllisch. Die Sonne scheint, kaum ein Tourist verirrt sich in diese Gegend. Und nur wenige Menschen ahnen, welches Tierleid sich hier gleich neben der Straße verbirgt. Um die 50 Braunbären befinden sich in Albanien in privaten - und unqualifizierten - Händen. Viele von ihnen wurden schon als Jungtiere aus der Natur entnommen und fristen ihr Dasein als "Unterhalter" an Ketten oder in Mini-Käfigen neben Restaurants. An Auswilderung ist längst nicht mehr zu denken.
20 Bier pro Tag ...
"Gjina" ist eines dieser Tiere. Die Besitzerin des Restaurants "Tre cezmet" hat sie vor drei Jahren von einem Hirten um kleines Geld gekauft und in einen winzigen Gitterverschlag neben ihrem Lokal gepfercht. In dem etwa vier mal zwei Meter großen Verschlag gibt es keinen Schutz vor Sonne, Wind oder Regen. Keine Beschäftigung, schon gar keine Artgenossen. Bärengerechte Fütterung? Fehlanzeige! Stattdessen bekommt Gjina um die 20 Bier am Tag zu trinken - weil sie dann ruhiger wird, oder einfach nur "lustig". Trotzdem behauptet die Frau, die Bärin sehr zu lieben.
"Vier Pfoten" auf Rettungsmission
Der Anblick des geschwächten Tieres lässt mir den Atem stocken. Wie ein großer, verwahrloster Hund sieht Gjina aus. Von einer stolzen Braunbärin ist nicht mehr viel übrig geblieben. Nicht einmal 100 Kilogramm bringt sie mehr auf die Waage. Die "Vier Pfoten" sind da, um ihr endlich zu einem besseren Leben zu verhelfen. Nach der medizinischen Erstversorgung und der Kennzeichnung mit einem Mikrochip erwacht Gjina wieder aus der Narkose - das triste Leben, das sie kennt, wird aber schon in wenigen Wochen vorbei sein.
Ein neues Leben im Bärenrefugium Prishtina
Drei Tage wird die Mission der Tierschützer in Albanien dauern - "Tomi", ein weiterer sogenannter "Restaurant-Bär", soll am Dienstag behördlich konfisziert und als Übergangslösung in den Zoo in Tirana gebracht werden. Schön ist es dort wirklich nicht - aber sein Überleben ist zumindest gesichert, bis alle notwendigen Papiere für eine Überstellung in das Bärenrefugium Prishtina beschafft sind. Besonders schlimm steht es um den Bären "Pashuk", der bereits vollkommen apathisch um Leben und Tod ringt - er muss am Mittwoch erst einmal transportfähig gemacht werden.
"Wir brauchen eine Gesetzesänderung"
Immerhin scheinen die albanischen Behörden an einer Lösung des Problems interessiert. Es gibt sogar Bestrebungen, irgendwann ein eigenes Refugium für misshandelte Bären aufzubauen - aber so etwas braucht Zeit, Geld und öffentlichen Druck. Vertreter des Veterinäramtes und der Polizei werden am Dienstag dabei sein, wenn das "Vier Pfoten"-Team ausrückt, um Tomi aus seinem Verschlag zu befreien. "Jede einzelne Unterschrift zählt, jeder Euro Spendengeld hilft", so der verantwortliche Tierarzt Frank Göritz. Denn mit dieser Mission ist es noch lange nicht getan. "Was es braucht, ist eine Gesetzesänderung, damit Bären in Albanien unter diesen Umständen nicht mehr gehalten werden dürfen."
Die "Krone Tierecke" wird die "Vier Pfoten" bei ihrem Einsatz in Albanien begleiten - lesen Sie in Kürze mehr über die Rettung von Bär Tomi!
So können Sie helfen!
Unterschreiben Sie jetzt die Petition www.savethesaddestbears.com und helfen Sie mit, die albanische Regierung vom Schutz der geschundenen Bären zu überzeugen!
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