Im Brennpunkt

Die fiese Fratze des Cyber-Mobbings

Tirol
11.09.2017 09:20

Mehr als ein Drittel der Schüler wurde laut einer aktuellen Studie in jüngster Zeit Opfer von Cyber-Mobbing - auch in Tirol. Dabei ist der fiese Psychoterror kein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat. Im absoluten Ernstfall drohen den Tätern bis zu 3 Jahre Gefängnis.

Systematisches Attackieren oder Ausgrenzen einer Person über einen längeren Zeitraum - das ist Mobbing. Waren die Schule und der Arbeitsplatz ehemals die prominentesten Schauplätze solcher bewussten Verletzungen, gingen mit dem Einzug der neuen Medien alle räumlichen Grenzen verloren. Gemeinheiten können nun unendlich viele Menschen erreichen - mit weitreichenden Folgen: Im Rahmen einer aktuellen Studie gaben mehr als ein Drittel der befragten Schüler in Österreich an, in jüngster Zeit Opfer von Cyber-Mobbing gewesen zu sein.

Auch in den Tiroler Schulen ist das Thema Cyber-Mobbing bereits angekommen. "Konzentriert vor allem auf die Neuen Mittelschulen und Unterstufen. Ab dem 16. Lebensjahr nimmt Mobbing stark ab, die Gesprächsbereitschaft der Schüler steigt", erklärt Klaus Steidl, selbst Lehrer und Leiter der "Bundes-ARGE für Informations- und Kommunikationstechnik".

Philipp Bechter (li.) im Gespräch mit "Krone"-Redakteur Hubert Rauth. (Bild: Christof Birbaumer)
Philipp Bechter (li.) im Gespräch mit "Krone"-Redakteur Hubert Rauth.
"Krone"-Redakteurin Anna Haselwanter mit Klaus Steidl. (Bild: Christof Birbaumer)
"Krone"-Redakteurin Anna Haselwanter mit Klaus Steidl.

Lehrer sind gut geschult

Gleichzeitig gibt es aber auch viele Präventions- bzw. Informationsmaßnahmen. "In Tirol sind die Lehrer mittlerweile sehr gut geschult und sie wissen, wie in Mobbing-Fällen vorzugehen ist", sagt Steidl. Cyber-Mobbing sei an fast jeder Schule Thema, oft noch bevor es einen akuten Anlassfall gibt.

Zeit nehmen und zuhören

In der Pflicht stehen aber auch die Eltern! "Kinder schämen sich oft, wenn sie zu Mobbing-Opfern werden. Suchen sie das Gespräch, ist es wichtig, zuzuhören. Auf keinen Fall ein Handy-Verbot aussprechen", rät Steidl, "das fühlt sich für die Kids wie eine doppelte Bestrafung an." Das Inkrafttreten eines neuen Paragrafen im Strafgesetzbuch (siehe unten) hat laut Steidl auch zur Verbesserung der Situation geführt. "Die bloße Androhung einer Anzeige lässt viele Täter erkennen, dass sie zu weit gegangen sind - das Verhalten wird dadurch oft verändert", so Klaus Steidl.

In Tirol gab es im Vorjahr 14 Anzeigen wegen Cyber-Mobbings. Die Dunkelziffer ist gewiss weitaus höher!

Ernstfall erkennen und reagieren

"Ich werde dich wie einen Hund tranchieren" - diese und ähnliche Drohungen musste eine Schülerin aus Tirol über sich ergehen lassen, ehe sie den ersten und wichtigsten Schritt machte: Sie suchte sich eine Vertrauensperson und sprach mit dieser über ihr Leid. Denn: Cyber-Mobbing ist kein Kavaliersdelikt, sondern mitunter eine Straftat! Dementsprechend gibt es einige Wege, sich zur Wehr zu setzen:

  • Neben Freunden, Lehrern, Schulpsychologen und Eltern gibt es auch etliche Beratungsdienste, wie etwa die Schulsozialarbeit Tirol (www.stop-mobbing.at), die im Ernstfall mit Rat und Tat zur Seite stehen und hilfreiche Tipps geben können.
  • Da manche Mobbing-Attacken durchaus auch strafrechtliche Folgen haben können, kann es von Nutzen sein, Screenshots der Chatverläufe zu machen.
  • Auf Kommunikationsplattformen können in der Regel unerwünschte Inhalte "gemeldet" werden. Auch das Blockieren von Personen ist meist möglich.
  • Kommt es zu Gesprächen zwischen Tätern und Opfern, sollten auch diese dokumentiert werden.
  • Bekommt eine außenstehende Person mit, dass jemand gemobbt wird, sollte diese unbedingt einschreiten. Wenn der Täter merkt, dass das Opfer nicht alleine gelassen wird, hören die Beleidigungen oft schnell auf.
  • Die Internet-Plattform www.saferinternet.at bietet allgemeine Tipps zum richtigen & sicheren Verhalten im World Wide Web - auch für Erwachsene geeignet!

Interview: "Mobbing kann jeden treffen!"

Philipp Bechter ist Leiter der Schulsozialarbeit Tirol. Im Interview mit der "Krone" schildert er die Gefahren von Cyber-Mobbing.

Herr Bechter, welche sind die häufigsten Formen von Cyber-Mobbing?
Am Beispiel von Schülern findet Cyber-Mobbing vor allem in sozialen Medien wie Facebook oder WhatsApp statt. Teilweise werden Fake-Profile oder Gruppen erstellt, auf beziehungsweise in denen Betroffene schlecht dargestellt oder über diese Gerüchte verbreitet werden.

Was macht Cyber-Mobbing so gefährlich?
Online und teilweise unter dem Deckmantel der Anonymität sind die Hemmschwellen deutlich niedriger. Beleidigungen, Lügen und Co. verbreiten sich im Zeitalter des Internets zudem viel schneller im Vergleich zu früher.

Welche Folgen kann Cyber-Mobbing haben?
Tatsache ist, dass es den Betroffenen schlecht geht und dass sich das in der Regel noch steigert. Merkmale sind etwa: Abfallende Leistung, Verweigern des Schulbesuchs, psychosomatische Beschwerden wie Kopf- und Bauchschmerzen, ein verändertes Essverhalten, Angst, Einsamkeit, Isolation, Traurigkeit, Depression, Selbstbeschuldigung und selbstverletzendes Verhalten.

Gibt es beim Thema Mobbing eine Altersgrenze?
Mobbing kann wirklich jeden treffen, sowohl im Internet als auch im realen Leben - von der Kinderkrippe beginnend bis hin zum Arbeitsplatz

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§ 107c Strafgesetzbuch: (in Kraft seit 1. Jänner 2016)

(1) Wer im Wege einer Telekommunikation oder unter Verwendung eines Computersystems in einer Weise, die geeignet ist, eine Person in ihrer Lebensführung unzumutbar zu beeinträchtigen, eine längere Zeit hindurch fortgesetzt…

…eine Person für eine größere Zahl von Menschen wahrnehmbar an der Ehre verletzt oder…

…Tatsachen oder Bildaufnahmen des höchstpersönlichen Lebensbereiches einer Person ohne deren Zustimmung für eine größere Zahl von Menschen wahrnehmbar macht…

…ist mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit einer Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen.

(2) Hat die Tat den Selbstmord oder einen Selbstmordversuch der im Sinne des Abs. 1 verletzten Person zu Folge, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.

Hubert Rauth und Anna Haselwanter, Kronen Zeitung

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