Merkels Plan
Berlin steckt 90 Millionen in freiwillige Rückkehr
Die Abschiebeoffensive von Bundeskanzlerin Angela Merkel dürfte Deutschland noch richtig teuer zu stehen kommen. Wie berichtet, hatten sich Bund und Länder auf Maßnahmen zur schnelleren Abschiebung abgelehnter Asylwerber geeinigt. Doch der 16-Punkte-Plan ist nicht unumstritten. Besonders die Tatsache, dass 90 Millionen Euro als Anreiz in die sogenannte freiwillige Rückkehr gesteckt werden sollen, sorgt für Kopfschütteln.
Wer sich nicht abschieben lässt, sondern selbst ausreist, bekommt Geld - so sieht es ein Punkt von Merkels Abschiebeplan vor. Nicht weniger als 90 Millionen Euro will der Bund zusätzlich in Rückkehrer- und Reintegrationsprogramme stecken, berichtet n-tv online. Zudem soll es eine flächendeckende Rückkehrberatung geben, die bei Menschen mit geringen Chancen auf Asyl bereits nach der Ankunft in Deutschland einsetzen soll.
Die Abschiebung von Migranten bleibt in Deutschland auch nach der Einigung ein Streitthema. Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) würdigte am Freitag in der ARD die Vereinbarung: "Wir hatte noch nie eine so große Gemeinsamkeit zwischen den Bundesländern und der Bundesregierung, wie das gestern zum Ausdruck kam." Er verteidigte auch, dass Menschen in bestimmte Regionen in Afghanistan zurückgeführt werden. Auch dort gebe es sichere Regionen. Was die Maghreb-Staaten Tunesien, Algerien und Marokko angehe, so gebe es dorthin auch aktuell schon Abschiebungen. Hier sollten die Zahlen aber zunehmen.
Koalitionspartner SPD eher verhalten
Nicht ganz so zufrieden ist man da beim Koalitionspartner: Der Bremer Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) beurteilte die Ergebnisse des Gesprächs nüchterner. Man sei lediglich "ein bisschen zusammengekommen". Zudem werde das Thema Abschiebungen von ausreisepflichtigen Menschen überhöht, denn die meisten der Betroffenen reisten freiwillig zurück. Es gehe hierbei zudem nur um einen kleinen Bereich.
Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl kritisierte die Beschlüsse des Bund-Länder-Gipfels scharf. "Deutschland soll sich vom Aufnahmeland zum Abschiebeland entwickeln", sagte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt am Freitag. "Es irritiert, dass ein solch weitreichender Beschluss der Ministerpräsidenten ohne ausführliche öffentliche Diskussion, ohne Beteiligung der gewählten Abgeordneten in Bund und Ländern gefasst wird."
Tausende demonstieren für Abschiebungsstopp
Am Samstag waren in zahlreichen deutschen Städten Tausende Menschen auf die Straße gegangen, um für einen sofortigen Stopp von Abschiebungen nach Afghanistan zu demonstrieren. Allein in Düsseldorf beteiligten sich rund 2000 Menschen an den Protesten, in Hamburg waren es laut Polizeiangaben etwa 1500. In Nürnberg kamen um die 800 Demonstranten zusammen, in Augsburg rund 400. Demonstrationen gab es unter anderem auch in Berlin, Hannover, Erfurt und Rostock.
Der Flüchtlingsrat Nordrhein-Westfalen bekräftigte am Wochenende ebenso, Afghanistan sei nicht sicher. Vielmehr habe sich die Lage laut einem Bericht des UNO-Flüchtlingshochkommissariats zuletzt noch einmal verschlechtert. Nicht einzelne Regionen, sondern das gesamte Land sei vom Kampf zwischen Regierungstruppen und Taliban betroffen. Die Sammelabschiebungen mit zwei Flügen im Dezember und Jänner seien ein Tabubruch gewesen, der sich nicht wiederholen dürfe.
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