Kinder vorgeschickt
31-köpfige Familie kämpft um Asyl in Deutschland
Die Zuwanderung nach Deutschland in der aktuellen Flüchtlingskrise bleibt konstant hoch - vor allem die Zahl unbegleiteter Minderjähriger ist alarmierend: Laut Angaben des Statistischen Bundesamtes kamen 2015 rund 42.300 Kinder und Jugendliche ohne einen Sorgeberechtigten nach Deutschland. Das waren 263 Prozent mehr als 2014. Auf ihnen lasten meist die Hoffnungen der ganzen Familie, wie ein aktueller Fall einer 31-köpfigen Familie aus Syrien beweist. 14 Angehörige sind bereits in Deutschland, der Rest wartet in einem Flüchtlingslager in der Türkei auf eine Einreiserlaubnis. Interessant: Nur Minderjährige dürfen Anträge auf Familienzusammenführung stellen.
Die Deutsche Presse-Agentur hat unlängst Angehörige der syrischen Familie Abu Kaschif getroffen - sowohl im türkischen Flüchtlingscamp in Nizip als auch in der deutschen Stadt Drochtersen im Bundesland Niedersachsen. Die 31-köpfige Großfamilie ist seit dem syrischen Bürgerkrieg zerrissen, ihre Geschichte sorgt deutschlandweit für Schlagzeilen.
Hussein Abu Kaschif (21) war der erste aus der Großfamilie, dem gemeinsam mit seinen beiden minderjährigen Geschwistern per Schlepper die Flucht nach Europa gelungen war. Die einmonatige Reise habe sie rund 2000 Euro gekostet, sagte Hussein, der seit Februar - wie seine Geschwister - über eine Aufenthaltsgenehmigung für drei Jahre verfügt.
Danach hatte er sich zum Ziel gemacht, das Nachholen der restlichen Familienangehörigen zu organisieren. "Wir haben Deutschland ausgewählt, weil Deutschland gesagt hat, es will, dass die Flüchtlinge kommen. Das ist schließlich etwas anderes, wenn mich jemand einlädt, als irgendwo hinzugehen, wo man mich vielleicht gar nicht will." Aus Syrien kämen ihm zufolge nie gute Nachrichten: "Das ganze Leben ist Tod."
Die meisten Familienangehörigen haben keinen Pass
Derzeit befinden sich 14 Angehörige in Deutschland, 17 weitere warten auf eine Reiseerlaubnis. Laut Gesetz dürfen in Deutschland nur Minderjährige einen Antrag auf Familienzusammenführung stellen. Ob und wann es mit dem restlichen Familiennachzug funktionieren wird, ist offen. Die meisten Familienmitglieder haben keine Pässe. Hussein Abu Kaschif schätzt, dass es rund 6100 Euro kosten würde, Reisedokumente für alle zu organisieren.
Mehr als 32.000 Asylanträge von minderjährigen Flüchtlingen
Laut Zahlen des deutschen Bundesamtes haben unbegleitete Minderjährige von Anfang Jänner bis Ende Oktober dieses Jahres 32.464 Asylanträge gestellt. Über 6496 Anträge hat das Amt in diesem Zeitraum entschieden. 3842 Minderjährige wurden als Flüchtlinge oder Asylberechtigte anerkannt, 1644 erhielten "subsidiären Schutz". Bei 364 Kindern und Jugendlichen wurde nur ein Abschiebeverbot festgestellt. 305 Anträge lehnte die Asylbehörde ab.
Die meisten unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge stammen aus Konfliktregionen oder aus Gebieten, in denen ihre Eltern keine Zukunftsperspektive für sie sehen. Nach Deutschland kommen Flüchtlinge unter anderem, um Geld für die Familie zu verdienen, weil sie hier Verwandte haben oder um einen Antrag auf Familiennachzug zu stellen.
Im Jahr 2015 hatten 22.255 unbegleitete Minderjährige in Deutschland einen Asyl-Erstantrag gestellt. Rund 30 Prozent von ihnen waren jünger als 16 Jahre. Laut Angaben des Auswärtigen Amtes stellten die Konsulate zwischen Jänner 2015 und September 2016 alleine rund 60.000 Visa für den Nachzug zu Schutzberechtigten aus Syrien aus. Es stellte aber auch nicht jeder junge Flüchtling gleich einen Asylantrag. Das liege laut Außenamt daran, dass Minderjährige im Regelfall ohnehin nicht abgeschoben werden. Auch dauert es oft lange, bis die Kinder und Jugendlichen verstanden haben, wie die hiesige Bürokratie funktioniert.
Familiennachzug: Deutsche Regierung steigt auf die Bremse
Mittlerweile steigt die deutsche Bundesregierung beim Thema Familiennachzug bei Flüchtlingen auf die Bremse. Nach einer Gesetzesänderung im heurigen März dürfen Minderjährige erst nach dem 16. März 2018 einen entsprechenden Antrag stellen. Für manche Familien ist der Weg damit verbaut, denn wenn der Jugendliche bis zum Ende dieser Frist volljährig wird, darf er seine Eltern nicht mehr nachholen. "Die Einschränkung war notwendig, um den Behörden eine Atempause bei der Registrierung, Verteilung und Versorgung der Schutzsuchenden zu verschaffen", zitierte der "Focus" in der Vorwoche einen Sprecher des Außenamts.
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