EU-Treffen auf Malta
Deutschlands Außenminister frontal gegen Kurz
In der Frage des Umgangs mit der Türkei ist es beim EU-Außenministerrat auf Malta zu einer offenen Konfrontation zwischen den Außenministern Deutschlands und Österreichs gekommen. Sigmar Gabriel unterstellte Sebastian Kurz, mit der Forderung nach Kündigung des Kandidatenstatus nichts für die Menschen in der Türkei übrig zu haben. Ankara forderte Österreich unterdessen am Freitagabend dazu auf, seine "falsche Politik" betreffend der EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei aufzugeben.
Gabriel war der Wortführer gegen einen Abbruch des EU-Beitrittsprozesses: "Warum wollen wir jetzt den Kontakt mit der Türkei verlieren und das Land Richtung Russland drängen? Es geht auch um die Menschen in der Türkei, die nicht mit der Entwicklung dort einverstanden sind." Und dann mit deutlicher Spitze gegen Kurz: "Diejenigen, die zu Hause gern Beifall bekommen möchten, werden dadurch dennoch nichts in der Türkei ändern. Dieser Weg ist völlig falsch."
Kurz ortet "Bewegung in unsere Richtung"
Kurz ortete hingegen in der Ministerrunde immer mehr Zustimmung, aber noch nicht die Mehrheit: "Es geht zu langsam, aber es geht in unsere Richtung. Die EU ist nur dann glaubwürdig, wenn sie auf ihre Kriterien achtet."
Türkei spricht von "falscher Politik" Österreichs
Österreich sollte seine "falsche Politik" betreffend die EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei aufgeben, forderte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu am Freitag am Rande des Treffens der EU-Außenminister in Malta. Er habe eine "positive Atmosphäre" bei führenden europäischen Politikern bezüglich der Verhandlungen über eine Aufnahme seines Landes in die EU verspürt, erklärte Cavusoglu. Der Dialog zwischen beiden Seiten werde fortgesetzt werden.
Der Sprecher des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, Ibrahim Kalin, sagte, die Türkei wolle "den EU-Beitritt weiterhin als strategisches Ziel sehen". "Aber es braucht zwei zum Tangotanzen", fügte der Präsidentensprecher hinzu. "Wenn die Europäer wirklich eine Besserung wollen, müssen sie etwas gegen diese Terroristen tun." Ankara wirft den EU-Staaten seit Langem vor, kurdischen Extremisten und Beteiligten am Putschversuch vom vergangenen Juli Zuflucht zu gewähren. Erdogan bekräftigte den Willen seines Landes zum Beitritt zur EU. Die Tür der Türkei stehe offen, die EU müsse "zusehen", wie sie die Beziehungen zur Türkei "weiterentwickeln" könne.
Merkel in Sachen Türkei für "Klugheit" und "Klarheit"
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel plädierte für "Klugheit" und "Klarheit" im Umgang mit der Türkei. "Insgesamt ist es im deutschen und europäischen Interesse, dass Europa und die Türkei sich nicht vollends voneinander abwenden", sagte Merkel dem Redaktionsnetzwerk Deutschland für die Samstagsausgaben der beteiligten Zeitungen.
"Im Moment besteht gar nicht die Absicht, neue Kapitel der Beitrittsverhandlungen zu öffnen", sagte Merkel. Wenn die Türkei die Todesstrafe einführen würde, wäre dies "das Ende der Verhandlungen". Beide Seiten sollten sich nicht voneinander abwenden - "nicht zuletzt auch wegen der vielen Menschen mit türkischen Wurzeln, die in Deutschland leben".
Doskozil erhält Solidarität gegen türkisches Veto in der NATO
Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil ging es beim EU-Verteidigungsministerrat jedenfalls besser als Kurz auf Malta. Doskozil erhielt volle Solidarität gegen das türkische Veto in der NATO, das die Teilnahme von Nicht-NATO-Staaten an Trainingsprogrammen blockiert. Das Veto ist gegen Österreich gerichtet und soll uns unter den anderen Staaten unter Druck setzen. "Eine Art Geiselhaft", nennt das Doskozil.
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg soll jetzt darüber mit der Türkei reden. Auch die USA, ein wichtiger Alliierter der Türkei, stehen dahinter. Die türkische Blockade könnte bald Auswirkungen zeigen: Österreich ist besonders auf dem Balkan pro Kopf der Bevölkerung mit 800 Soldaten einer der größten und verlässlichsten Nicht-NATO-Truppensteller.
Kurt Seinitz, Kronen Zeitung/krone.at
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